Von Phase 0 und 10

Zum Teil komplexe Bestandsgebäude in Nutzung zu bringen und langfristig zu sichern, ist eine Aufgabe, der sich die gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung annimmt. Häufig beschreibt die klassische Immobilienentwicklung die Arbeitsschritte und Bauphasen anhand der Honorarabrechnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) und den damit verbundenen Leistungsphasen 1 bis 9.

Um Ihr Projekt nachhaltig und gemeinwohlorientiert zu gestalten, ist es jedoch wichtig, sowohl vor als auch nach den klassischen Leistungsphasen entscheidende Fragen zu klären und Prozesse durchzuführen, um die spätere Nutzung zu ermöglichen. In den Phasen 0 und 10 herrscht oft Unsicherheit darüber, was zu tun ist und wer im Zweifelsfall hilft, die Immobilie und deren Betrieb auf den Weg zu bringen. Auf dieser Seite zeigen wir Schritte, Werkzeuge und Ansprechpartner*innen in allen relevanten Bereichen, damit Sie selbst ins Handeln kommen.

Auf dieser Seite..


…finden Sie alle wichtigen Werkzeuge im Überblick, die bei der gemeinwohlorientierten Immobilienentwicklung helfen. Sie sind den einzelnen Schritten oder Phasen des Entwicklungsprozesses zugeordnet.

Was braucht es für das gute Gelingen von Bauprojekten?



Dieser Frage ist die Bundesstiftung Baukultur nachgegangen und hat sich auf die Suche nach Erfolgsfaktoren gemacht, die das Planen und Bauen mit hohem Anspruch an Baukultur im Kosten- und Zeitrahmen gewährleisten. Hieraus ist eine neue Publikation entstanden unter dem Titel “Gut gemacht! Die Bedeutung der Phase Null für gelingende Projekte."

Noch vor der Ausformulierung der konkreten Bauaufgabe erfolgt in der Phase Null eine erste Analyse, die 

  • die spezifischen Bedingungen eines Ortes betrachtet, 
  • die Wünsche der Auftraggeber*innen und Nutzer*innen schärft, 
  • die planerischen Umstände mit einbezieht 

und damit alle Faktoren für das Budget und die Zeitschiene ermittelt. 

Im besten Fall lassen sich so Fehler vermeiden, eine produktive Kommunikation etablieren, die Qualität und Abläufe verbessern und darüber hinaus – auf die Dauer des Projekts betrachtet – sogar Zeit und Kosten sparen. Die Phase Null bedeutet eine frühe Investition, die sich nachweisbar auszahlt. Darüber hinaus darf auch die Phase 10 nicht vergessen werden, in der es um den Betrieb und die Wartung der Objekte geht. Gerade in Zukunftsort-Projekten sind diese Phasen sehr relevant.

Kurz gesagt:

  • 1

    Kommunikation, Aufgabenverteilung und rechtliche / finanzielle Rahmen

  • 2

    Bei Macher*innen, Netzwerken und Expert*innen nachfragen

  • 3

    Vorlagen zum Download auf den Themenseiten checken

  • Der Werkzeugkasten

    Leerstand erfassen, Potenzialräume erkennen

    Aus der Nutzung gefallenen Bestand sowie Leerstand aktiv zu sichten ist besonders für Kommunen interessant, wenn diese bislang keine Potenzialräume in Ihrer Gemeinde identifiziert haben. Aber auch, wenn Sie bereits eine Immobilie ins Auge gefasst haben oder als Eigentümer*in in den Prozess starten, erleichtert es den späteren Prozess, das Gebäude detailliert zu erfassen.

    Interviewte: Christin Neujahr -
    Standortmarketing

    Auch Bürger*innen aus anderen Orten merken an den Gebäuden, dass etwas passiert in Wiesenburg. An diesen prägenden Gebäuden kann man eine Entwicklung ablesen, deswegen ist es so wichtig, sie zu entwickeln

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    Marco Beckendorf / Bürgermeister

    Wiesenburg/Mark

    Ziele definieren

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    Neues Leben in alten Gemäuern...

    ...ein Ziel, das alle verbindet | Foto: Sandra Grunewald / unsplash

    Rückblickend war der beste Plan für die Entwicklung des "Haus mit Zukunft", keinen zu haben. Also ein Gebäude zu haben, was keiner konkreten Nutzung unterliegt, was aber für Verschiedenes genutzt werden kann.

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    Frederik Bewer / Bürgermeister

    Stadt Angermünde

    Ein klar definiertes Ziel, das alle verstehen und mittragen ist die Voraussetzung für gute Zusammenarbeit und dafür, dass das Projekt auch gelingt. Dafür gibt es verschiedene hilfreiche Werkzeuge:

    Finanzierung

    Egal in welcher Rolle Sie stecken, natürlich gilt es, den Kosten- und Zeitaufwand abzuwägen und die eigenen Grenzen im Vornherein grob abzustecken. Nehmen Sie sich Zeit und informieren Sie sich darüber, wie Sie Kosten und finanzielles Risiko gut verteilen, gemeinsam tragen oder zeitliche Ressourcen auslagern können.

    Symbiosen mit neuen Betreibergruppen

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     - Photo: © Stadt Luckenwalde
    Elisabeth Herzog von der Heide / Bürgermeisterin von Luckenwalde

    Im Rahmen von Förderungen werden Sie vor allem bürokratischen Aufwand gegen die Erleichterung des Prozesses abwägen müssen. Es kommt dabei also auch besonders auf Ihre eigenen Ressourcen, Qualifikationen bzw. die Ihrer Partner*innen an. Fördergelder können jedoch auch dabei helfen, das Projekt bekannt zu machen und dadurch weitere Unterstützer*innen zu gewinnen..

    Durch Pachtverträge kann beispielsweise sehr variabel festgehalten werden, welche/r Vertragspartner/in für welchen Kostenanteil zuständig ist und wie beispielsweise Risikofaktoren auf mehrere Partner/innen aufgeteilt werden können. So können Kommunen und Eigentümer den Start eines Gemeinwohl Projekts gut unterstützen (siehe auch Civic Public Partnership).

    Auch wenn Sie keine aktive Rolle in der Projektgestaltung übernehmen möchten, können Sie beim Verkauf einer Immobilie Kriterien bspw. zur Nutzung oder Umgestaltung des Gebäudes festlegen.

    Bei der Civic-Public-Partnership machen sich Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung gemeinsam auf den Weg zur Erfüllung eines gemeinsamen Ziels. Hier wird das, was gemeinsam entschieden und gesteuert wird, auch gemeinsam umgesetzt.

    Mehr über Civic Public Partnership in der Publikation KOOP STADT, Seite 72

    In einer Genossenschaft zielen die Mitglieder darauf ab, sich gegenseitig zu fördern und gemeinsame Ziele wirtschaftlich umzusetzen.

    Akteure einbinden

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    Menschen wollen mitgenommen werden

    Im ländlichen Raum spricht man die Leute einfach direkt an. Ich sage immer: würde man ein paar Tage vor dem Supermarkt stehen, hätte man jeden gesehen und gesprochen, der hier lebt.

     -
    Marco Beckendorf / Bürgermeister

    Wiesenburg/Mark

    Sowohl für die Bürger*innen vor Ort, als auch die Gruppe(n) ist eine klare und öffentliche Kommunikation über relevante Entscheidungen und die nächsten Schritte im Prozess von Anfang an wichtig. Das Gefühl, auf dem Laufenden zu sein, trägt dazu bei, die Akzeptanz und Integration des Projektes vor Ort zu steigern.

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    Im HeimatHOF Gut Ziegenberg...

    ...wird Mitmachen großgeschrieben. | Foto: Jana Dünnhaupt

    Vergabe inhaltlich ausrichten

    In der gemeinwohlorientierten Immobilienentwicklung suchen wir nach Wegen, Gebäude, oft komplex und/oder ortsbildprägend, in eine Nutzung mit klarem Mehrwert für die Menschen vor Ort und die Region zu bringen. Neben finanziellen Aspekten rücken also inhaltliche Kriterien und soziale Faktoren in den Vordergrund und erfordern neue vergaberechtliche Instrumente und klare Ziele.

    Projekt unterstützen anstatt zu verkaufen

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    Hans van Leeuwen / Eigentümer

    Kühlhaus Görlitz

    In der Konzeptvergabe wird der/die neue Eigentümer*in oder Nutzer/in einer Immobilie über ein mehrstufiges Auswahlverfahren nach inhaltlichen und konzeptionellen, statt nach finanziellen Kriterien ausgewählt. Der Prozess bietet Zeit, um ko-kreativ ein Konzept zu entwickeln, welche Rolle die Immobilie im Ort und die Beteiligten im Prozess spielen können.

    Beim Erbbaurecht werden Eigentum und Nutzung eines Grundstücks getrennt: Statt ein Grundstück zu verkaufen, vergibt der Eigentümer oder die Eigentümerin das Nutzungsrecht. Ein Bauherr oder eine Bauherrin zahlt eine regelmäßige Pacht („Erbbauzins“) und darf das Grundstück bebauen und langfristig nutzen. Das Grundstück bleibt jedoch im Eigentum der Kommune, Kirche, einer Stiftung oder auch Privatperson.

    Über kurze Zeiträume können verschiedene Nutzungen und Projektideen umgesetzt und getestet werden. Besonders für Nicht-Wohngebäude kann die Genehmigung von Zwischennutzungen relevant sein - da die Konzepte einer Bewährungsprobe unterzogen werden, bevor bspw. Umnutzungs- und B-Plan-Verfahren eingeleitet werden müssen.

    Über einen längeren Zeitraum kann über eine Anhandgabe erprobt werden, wir Sie als Eigentümer*in/ Kommune mit einer Gruppe zusammenarbeiten können. Erst nach erfolgreicher Anhandgabe steht die endgültige Entscheidung für den Verkauf oder eine Verpachtung an.

    Mitsprache verankern

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, verlässliche Rahmenbedingungen festzusetzen, um die eigene Mitsprache, bzw. die gemeinsame Zielsetzung zu sichern. Aber vor allem ist es wichtig, Vertrauen aufzubauen und den Kontakt zu pflegen. Suchen Sie auch den informellen Austausch zu den verschiedenen Akteuren und tasten Sie in Ruhe ab, ob Sie einen gemeinsamen Nenner finden können, bevor Sie sich ans Formalisieren machen. Zwischendurch heißt es dann auch immer wieder loslassen, die Engagierten machen lassen und auch kleine Erfolge zu feiern!

    Also haben wir geschaut, in welcher Konstellation auch engagierte Leute ohne großes Eigenkapital hier mal etwas ausprobieren können!

    Erbengemeinschaft /

    Gut Ziegenberg

    Treffen Sie eine Einigung darüber, in welchen Abständen und in welcher Form Sie welche Informationen miteinander teilen und wie Sie Entscheidungen dokumentieren wollen. Bei größeren Gruppen, mehreren Eigentümer*innen oder auch der Kommune als Betreiber*in hilft es, eine/n feste/n Ansprechtpartner/in zu definieren. Je nach digitaler Affinität (und rechtlicher Lage) kann es hilfreich sein, digitale Kommuniaktionsplattformen (z.B. Slack) zu benutzen. Hier sind schnelle Absprachen und Feedback auf kurzem Wege oft leichter als über einen E-Mail-Verteiler. Fragen Sie die Gruppe, womit sie arbeiten.

    Wenn man sich gut versteht und wohlgesonnen ist, wird oft von Formalien abgesehen mit dem Gefühl “wir sind uns ja einig”. Dennoch: über alle wichtigen Absprachen sollten Sie Protokoll führen oder die Protokollführung einfordern, um von keiner Entwicklung überrascht zu werden und maximale Klarheit zu schaffen. Das Protokoll sollte jeweils von allen Parteien im Nachgang freigegeben werden. Denn hier zeigt sich oft, dass jeder durch seine eigene Brille schaut und Gesagtes oft unterschiedlich interpretiert wird.

    Betrieb begleiten

    Der Betrieb ist zunächst Kernaufgabe der Projektgruppe, Institution oder Organisation der/die das Gebäude übernommen hat. Doch auch Sie haben weiterhin die Chance, fortlaufende Entwicklungen zu begleiten und mitzugestalten.

     - Foto: Johanna Keller
     | Foto: Johanna Keller

    Multifunktionale Räume sind flexibel nutzbar und lassen sich an die jeweiligen Bedarfe anpassen. So bleiben diese Orte immer belebt, auch wenn eine Nutzung mal ausfällt. Der Aufbau solcher Räume ist zudem ressourcenschonend für die Gemeindekasse, da verschiedene Nutzungen an einem einzigen Ort untergebracht werden können. Hier können Sie selbst als Kommune oder Eigentümer*in zum Nutzer werden und damit das Projekt unterstützen. Auch können Sie als Multiplikatoren mit Ihrem Netzwerk für den Ort werben und dadurch weitere Nutzer*innen anziehen, die den Betrieb (z.B. via Miete) mitfinanzieren.

    Bei größeren Gruppen, mehreren Eigentümer*innen oder auch der Kommune als Betreiber*in hilft es, auch langfristig feste Ansprechpartner*innen und Austauschformate zu definieren. Das können regelmäßige Stammtische, quartalsweise Videokonferenzen oder Veranstaltungen sein, die man gemeinsam organisiert. Zumindest einmal im Jahr sollte man sich in lockerer Runde treffen und feiern, was man geschafft hat.

    Netzwerke nutzen und bespielen diverse Kanäle, um in Austausch zu kommen und Wissen zu teilen. Sie sind gute Plattformen, wenn Sie Ihre gewonnenen Erfahrungen weitergeben möchten. Auch bieten sie interessante Kontakte und Formate, um Mitstreiter*innen zu finden. Das Netzwerk Zukunftsorte bietet folgendes an: