Nachhaltigkeit ist kein Luxus mehr, sondern integraler Bestandteil eines jeden Zukunftsorts. Hier erfahrt ihr, auf welche Weise euer Projekt nachhaltig werden kann – gerade mit Blick auf euer direktes Umfeld.
Was steckt hinter dem Trendwort?
Nachhaltigkeit bedeutet vor allem eine innere Haltung einzunehmen. Das heißt ganzheitlich die Auswirkungen der eigenen Handlungen auf das soziale und ökologische Umfeld zu reflektieren, Rücksicht auf die folgenden Generationen zu nehmen und verantwortungsvoll und bewusst mit Ressourcen jeglicher Art umzugehen. Der Landwirt und Unternehmer Tobias Keye beschreibt den Kern der Nachhaltigkeit als Verbundenheit - mit sich selbst, den Menschen überhaupt und natürlich der Erde. Was im städtischen Raum als Trend angesehen wird, ist auf dem Land durch traditionelle Praktiken tief verwurzelt – auch wenn nicht immer alles als nachhaltig gelabelt ist. Doch ist Nachhaltigkeit ein Luxus, den man sich nur mit dem nötigen Kleingeld leisten kann?
Dann hast du das Tierwohl, das Wohl der Mitarbeiter*innen und Menschen dabei und dann kannst du nicht anders als die Verantwortung, die du für diesen Ort hast, auf alle zu übertragen und alle zu berücksichtigen.
Nachhaltigkeit fängt nicht damit an, extra tief in die Tasche zu greifen und zum Beispiel besonders teure und umweltfreundliche Materialien für den Hausbau zu verwenden. Ihr müsst auch nicht gleich als Selbstversorger*innen leben, um nachhaltig zu sein. Wichtig ist, sich Gedanken um das rechte Maß und den Umgang mit Ressourcen zu machen – materiell und immateriell. Hinterfragt regelmäßig eure Bedürfnisse, um besser Entscheidungen treffen zu können. Schließlich sollte man Nachhaltigkeit von Anfang an und im Laufe der Zeit auf möglichst vielen Ebenen in den Zukunftsort implementieren. Das Revitalisieren eines Leerstandes ist per se schon nachhaltiger als Neubau, hier habt ihr also schon nachhaltig gehandelt. Vielleicht seht ihr die Gründung eines Zukunftsortes darüber hinaus als Chance für einen Neuanfang, bei dem ihr auch mit weniger Konsum und Ressourcenverbrauch zufrieden leben könnt?
Jetzt Pionier sein!
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Kurz gesagt
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Zukunftsorte entstehen oft aus dem Wunsch nach Veränderung, aus der Lust, mit weniger Ressourcen und Konsum zu leben – das macht sie im Kern nachhaltig.
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Zukunftsorte können auf mehreren Arten nachhaltig sein: ökologisch, ökonomisch oder sozial.
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Setzt euch regelmäßig kritisch mit eurem Projekt und dessen Auswirkungen auf die Umgebung auseinander, um Verdrängung oder gar Gentrifizierung zu vermeiden.
Zukunftsorte entstehen oft aus dem Wunsch nach Veränderung, aus der Lust, mit weniger Ressourcen und Konsum zu leben – das macht sie im Kern nachhaltig.
Zukunftsorte können auf mehreren Arten nachhaltig sein: ökologisch, ökonomisch oder sozial.
Setzt euch regelmäßig kritisch mit eurem Projekt und dessen Auswirkungen auf die Umgebung auseinander, um Verdrängung oder gar Gentrifizierung zu vermeiden.
Wie können Zukunftsorte nachhaltig sein?
Die Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen geben Inspiration für nachhaltiges Handeln und liefern auch direkt Empfehlungen für die Umsetzung. Klar, allen Anforderungen kann man nicht gerecht werden. Deshalb verschreiben sich viele Zukunftsorte ganz konkret einer Dimension von Nachhaltigkeit, zum Beispiel dem sozialen Wandel. Daran schließen meist automatisch andere nachhaltige Praktiken, etwa ökologische, an.
Tipp
Ein hilfreiches Sammelsurium, das Ideen und Impulse für Kommunen, Initiativen und andere Vordenker*innen liefert, ist der Werkzeugkasten des Wandels. Vielleicht findet ihr dort Inspiration für gelebte Nachhaltigkeit an eurem Zukunftsort!
Ich verstehe Nachhaltigkeit als Haltungscharakter, nach dem Motto: Wie trete ich in die Welt? Die verschiedenen Nachhaltigkeitsindizes sind dabei wichtige und auch gute Hilfsmittel, die uns dabei helfen, in eine natürliche Art der Verbundenheit zu kommen.
Ökologisches Bauen
Von A wie Abwasser bis Z wie Ziegeldach, das Thema Bauen wird früher oder später auch bei eurem Zukunftsort auf den Tisch kommen. Im Folgenden findet ihr ein paar wichtige Punkte, die euch dabei helfen, auch beim Bauen auf Nachhaltigkeit zu setzen.
Tipp
Für ökogische Bau- und Sanierungsvorhaben könnt ihr Fördergelder beantragen. Interessant sind hier vor allem die Förderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie fördert insbesondere energieeffizient erbaute Immobilien sowie die Sanierung von bereits bestehenden Immobilien zum Effizienzhaus, den altersgerechten Umbau oder erneuerbare Energien wie Photovoltaik. Auch die BAFA-Förderprogramme und einzelne Förderprogramme der Bundesländer gilt es zu prüfen. Schaut mal auf das Informationsportal für nachhaltiges Bauen.
Überlegt euch, wie viel Platz ihr wirklich braucht und wann und wie genau ihr die Räumlichkeiten nutzen wollt – gerade bei gemeinschaftlichem Wohnen lassen sich viele Ressourcen sparen. Im Winter kann ein großer, warmer Gemeinschaftsraum praktischer und energiesparender als viele kleine individuelle Räume. Im Sommer können die Außenräume intensiv genutzt werden. Macht euch am Anfang also ausgiebig Gedanken über die Nutzungsmischung und Raumaufteilung an eurem Ort. Die Planung der Räume sollte eine gewisse Flexibilität in der Nutzung gewährleisten, denn oft ist die Realität später anders als die geplante Nutzung. Auch Testphasen helfen, dass fertige Räume später nicht leer stehen – denn das ist nicht nachhaltig.
Prioritäten setzen!
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Niklas Fanelsa / Architekt & Gründer
Atelier Fanelsa
Ökologisches Bauen ist in der Regel kostspieliger als herkömmliche Bauweisen. Als Faustregel lässt sich ein finanzieller Mehraufwand von circa zehn Prozent bestimmen. Allerdings rentieren sich diese Kosten auf lange Sicht durch die Einsparungen bei den Heizkosten und durch die hohen Förderungen und Zuschüsse, die ihr für den Umbau eures Ortes zu einem energieeffizienten Gebäude betragen könnt.
Ein entscheidender Faktor beim Bauen ist die Wahl der Baustoffe. Ihr solltet bei der Wahl der Materialien auf die Herkunft achten, denn lange Transportwege wirken sich negativ auf die Umweltbilanz aus. Hilfreich ist es auch, die regionale Bauweise und die traditionell eingesetzten Baustoffe zu recherchieren. Historische Gebäude wurden vielfach bereits mit natürlichen Materialen errichtet, die vor Ort verfügbar waren, zum Beispiel Lehm oder Ton.
Nicht zuletzt durch den Klimawandel kommen in der Baubrache aktuell immer mehr nachwachsende Alternativen zum Einsatz, denn die Energiewende schlägt sich auch im Bausektor wieder. Der Bund hat neue Energieeffizienzklassen für Gebäude geregelt. Es gibt mittlerweile viele natürliche und nachwachsende Alternativen für herkömmliche Werkstoffe. Mit Hanf lassen sich Wände beispielsweise genauso gut dämmen wie mit Glaswolle. Das ist zwar ein wenig teurer, rechnet sich aber mit der Zeit, da solche Materialien oft eine längere Lebensdauer haben. Achtet darauf, dass ihr Baustoffe mit ähnlich langen Lebenszyklen einsetzt. So müsst ihr weniger austauschen und reduziert aufwändige und kostenintensive Sanierungsmaßnahmen. Und: Vermeidet Verbundkonstruktionen, also einzelne Bauteile aus mehreren Materialien. Denn nur was sich leicht trennen lässt, kann später wieder dem Kreislauf zurückgeführt und wiederverwendet werden.
Baustoffkontrolle.
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Niklas Fanelsa / Architekt & Gründer
Atelier Fanelsa
Direkt vor eurer Haustür gibt es bestimmt einiges zu entdecken. Fragt mal eure neuen Nachbar*innen, vielleicht können sie euch Tipps im Umgang mit Materialien geben oder jemanden empfehlen, der oder die euch bei eurem Bauvorhaben unterstützen kann. Beziehungen und Kontakte können bei der Handwerker*innensuche goldwert sein! Oder ihr bringt Fachleute mit, lernt lokale Handwerker*innen in ökologischen Techniken an und gebt das Wissen weiter.
Tipp
Setzt euch intensiv mit eurer Region auseinander und macht euch bereit für positive Entdeckungen. Wusstet ihr zum Beispiel, dass Brandenburg lange bekannt war für die Herstellung von Ziegeln?
Der ökologische Nachhaltigkeitsaspekt kann sich auch auf euer Gewerbe bzw. eure unternehmerischen Handlungen beziehen. Habt ihr vielleicht genug Platz oder Expert*innen im Team, um Reparaturleistungen für den Ort anzubieten? Oder wollt ihr selbst etwas produzieren? Dann wird auch hier die Wahl der Rohstoffe und ihre Verarbeitung und ihr Vertrieb eine Rolle spielen. Nachhaltig wird ein Produkt nicht nur durch seine Rohstoffe, sondern auch durch seine Sinnhaftigkeit - welchen Mehrwert liefert eure Produktion für die Region und wie fügt sie sich ein?
Tipp
Nachhaltiges Bauen wird gefördert! Was ihr dafür tun müsst, erfahrt ihr zum Beispiel im Informationsportal für nachhaltiges Bauen
Wem gehört der Boden?
Nicht nur in Städten, sondern auch im ländlichen Raum gibt es eine ausgeprägte “Bodenlobby”, sprich Investoren oder Privatleute, die Land zur persönlichen Bereicherung aufkaufen und entweder keine Landwirtschaft betreiben und darauf warten, dass das Land doch irgendwann als Bauland ausgewiesen wird oder sich nicht dafür interessieren, wie genau auf ihren Flächen Landwirtschaft betrieben wird. Nicht selten gehören zu großen Grundstücken und alten Gutshöfen auf dem Land, die sich ja bekanntlich gut für potentielle Zukunftsorte eignen, auch weitere Hektar Land dazu, die eben nicht als Bauland, sondern als Acker- oder Grünland ausgewiesen sind. Vielleicht sind die Felder schon verpachtet und aktiv bewirtschaftet, vielleicht auch nicht. In jedem Fall stellt sich euch die Frage: Was machen wir mit diesem Boden? Ob ihr nun selbst in die Landwirtschaft einsteigen wollt oder nicht - in Zukunftsorten sehen wir die Chance, diese Lobby zu schwächen, den Boden dem Markt zu entziehen und in ökologisch nachhaltige Hände zu übergeben. Also scheut euch nicht vor Objekten mit viel Land.
Tipp
Es gibt diverse Verbände, die euch beim Kauf oder der Bewirtschaftung unterstützen oder aber ihr könnt es zum Beispiel an die Bio Boden Genossenschaft übertragen, die das Land gemeinwohlorientiert kaufen und betreiben wird.
Lest gerne mehr dazu hier.
Das Gespräch über Flächen und Eigentum und wie wir damit umgehen können, ist der wichtigste Hebel, den wir bedienen können. Gerade als Zukunftsorte ist dieses Thema wichtig – weil wir so nah an den Menschen dran sind, die eventuell sogar Eigentümer sind.
Werte statt Wert
Keine Wert-, sondern Werte-orientierte Projektentwicklung – dann ist die Verantwortung des Eigentums schon von Anfang an anders definiert als in der klassischen Immobilienwelt.
Mit eurem Zukunftsort steht ihr für Werte, die Teil eurer Vision sind. Somit sollten Entscheidungen nicht nur auf rein finanzieller Basis getroffen werden, sondern auch soziale Aspekte berücksichtigen. Wirtschaftlichkeit bekommt durch eine gemeinschaftliche Unternehmensstruktur eine neue Bedeutung. Das Gut Boltenhof unterlässt beispielsweise große Eventtermine, um Mitarbeiter*innen, Projektpartner*innen und Dorfbewohner*innen nicht zu überlasten. Das ist nur ein Beispiel dafür, die eigene Wertvorstellung über die Gewinnmaximierung zu stellen – euch fallen bestimmt auch noch viele andere Wege ein.
Gut Boltenhof
passen Nachhaltigkeit und Unternehmertum zusammen?
Nachhaltige Regionalentwicklung
Gründer*innen eines Zukunftsorts kommen oft von außen in eine bestehende Sozialstruktur, wodurch sich die Dynamik verändern kann. Das Zusammenleben innerhalb des Projekts, aber auch mit den anderen Dorfbewohner*innen wird ein wesentlicher Bestandteil eures Alltags werden. Vergesst im Eifer des Gefechts und der anfänglichen Euphorie also nicht, eure Umgebung zu berücksichtigen. Spinnt mögliche Businessideen in euren Köpfen durch und fragt euch dabei kritisch, was deren positive und negative Auswirkungen für das Umfeld sein könnten und was es schon gibt an dem man anknüpfen kann. Vergegenwärtigt euch regelmäßig, warum ihr euch ursprünglich für den Umzug aufs Land entschieden habt und was ihr an dem Ort und der Region so schätzt. Durch rein gewinnorientiertes Wirtschaften kann diese Beziehung schnell mal kippen und im schlimmsten Fall sogar in Verdrängung und Gentrifizierung enden. Sucht den Austausch zu den Anwohner- und Unternehmer*innen in der Umgebung und tauscht mit ihnen Erfahrungswissen und -werte aus, anstatt ihnen direkt eure Vision von Nachhaltigkeit zu erklären. Unter ausschließlicher Verwendung zu abstrakter Begriffe kann man schnell aneinander vorbei reden und auf Abwehr stoßen. Hört erstmal zu, wie die Anderen dort bislang gelebt haben und versucht dann, gezielte Alternativen ins Gespräch zu bringen. Falls das überhaupt notwendig ist, denn, wer weiß? Vielleicht sind die Vorstellungen dieselben, nur die Hürden zu groß und alleine bisher nicht zu stemmen gewesen.
Die Nachhaltigkeitsszene ist eine akademische Blase, die jedoch auf der kommunalen Ebene und auf der Ebene des Einzelnen gerade im ländlichen Raum nicht wirklich angenommen wird.
Dieser selbstkritische Prozess erfordert natürlich auch einiges an Kraft und Mut. Teilt euch eure Energie gut ein und seid euch eurer Stärken und Schwächen bewusst. So schafft ihr es, innerhalb der Gruppe passende Rollen zu finden, die sich lange bewähren. Ein bewusster Umgang mit Ressourcen bezieht sich also nicht nur auf materielle Dinge, sondern auch auf euer Verhältnis zu euren eigenen personellen Ressourcen.
Fest rausziehen ist nachhaltig!
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Jörg Bodemann / Gründer
Flagshipstore Stolzenhagen
Wissen und Ideen zur Verfügung stellen
Anhand eines realen Projekts oder über einen digitalen oder analogen Kanal Wissen zur Verfügung zu stellen und über nachhaltige Alternativen aufzuklären, ist ein Weg, sich im Dorf für Nachhaltigkeit einzusetzen. Achtet dabei aber darauf, keine Besserwisser*innen mit erhobenem Zeigefinger zu sein. Vielmehr solltet ihr mit Sympathie und Nahbarkeit die Neugier auf euch ziehen und Lust machen, eure Ansätze besser kennenzulernen. Am besten geht es gemeinsam im konkreten Projekt: ein Gemeinschaftsgarten? Repair-Café? Tauschraum? Vieles davon ist den älteren noch aus anderen Kontexten bekannt und man kann daran anknüpfen. Bestimmt haben einige auch Lust mitzumachen und eigene Ideen einzubringen.
Tipp
Vermeidet die “Wir wissen, wie es besser und nachhaltiger geht”-Haltung gegenüber den Menschen vor Ort, denn sie verbaut konstruktive Diskussionen. Es ist in Ordnung, über verschiedene Einstellungen und Alltagshandeln zu diskutieren, aber das Vorurteil gegenüber Neuzuzügler*innen ist nicht selten: "Jetzt kommen hier die Städter mit ihrem Öko-Scheiss."
RothenklempeNow
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Expert*innen zum Thema
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