Leerstands-Matching Angermünde
Derzeit entstehen in vielen ländlichen Gegenden gemeinschaftliche Großprojekte, angestoßen von motivierten Macher*innen, auf der Suche nach einer neuen Lebensqualität. Über die letzten Jahre ist unter den Macher*innen viel Wissen im Aufbau solcher Projekte entstanden, dass durch das Netzwerk Zukunftsorte gebündelt und geteilt wird. Im Modellprojekt Leerstands-Matching Angermünde haben wir Fragen zur kommunalen Rolle und Perspektive bearbeitet:
Auf dieser Seite
…erfahren Sie, wie das Modellprojekt “Leerstands-Matching” in Angermünde mit dem Netzwerk Zukunftsorte zustande kam, wie sie als Partner*innen die Schritte des Entwicklungsprozesses durchlaufen haben und welche wichtigen Erkenntnisse sich daraus ergeben haben.
Wie können ländliche Kleinstädte, Gemeinden oder Eigentümer*innen die Entwicklung von Wohn- und Arbeitsorten aus eigener Initiative anstoßen und/oder unterstützen?
Was bedeutet es, das Werkzeug der Konzeptvergabe in ländlichen Gemeinden, bzw. Kleinstädten, anzuwenden?
Wie können Gemeinden, Städte und Initiativ-Gruppen auf dem Land in Zukunft leichter erfolgreiche Projekte anstoßen und noch besser miteinander kooperieren?
Die Stadt Angermünde widmet sich bereits seit Jahren dem Thema Leerstand und hat mit etlichen kommunalen Rückkäufen und dem Projekt Haus mit Zukunft gute Erfahrungen gemacht. Der damalige Bürgermeister Angermündes, Frederik Bewer, interessierte sich zunehmend für das Konzept der “Zukunftsorte” und trat in Kontakt mit dem Netzwerk.
So entstand eine Kooperation zwischen der Stadt Angermünde und dem Netzwerk Zukunftsorte: Im Projekt “Leerstands-Matching” wollten wir gemeinsam den Prozess der kommunalen Leerstandsentwicklung beispielhaft durchlaufen und dabei wertvolles Wissen über die Chancen, Hürden und Entwicklungsschritte in der engen Kooperation zwischen Gemeinden, Eigentümer*innen und Gruppen herausfiltern.
Gefördert durch
... das Förderprogramm “Heimat 2.0”, welches im Programm Regionen Gestalten durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) durchgeführt wird.
Kurz gesagt:
-
1
Gemeinsamer Förderantrag mit der Idee zur Wissensplattform
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2
Transparenz, Offenheit und Ausdauer als Basis
-
3
Frühzeitig über harte Fakten und Rahmenbedingungen verhandeln
Gemeinsamer Förderantrag mit der Idee zur Wissensplattform
Transparenz, Offenheit und Ausdauer als Basis
Frühzeitig über harte Fakten und Rahmenbedingungen verhandeln
Über die Stadt Angermünde
Die Stadt Angermünde ist seit ihrer Gründung um 1230 ein regionales wirtschaftliches und kulturelles Zentrum in der südöstlichen Uckermark. Neben der Kernstadt besteht Angermünde aus 23 weiteren Ortsteilen, von denen jeder seine eigene Geschichte, seinen eigenen Charakter hat. Das gesamte Stadtgebiet umfasst dabei eine Fläche von insgesamt ca. 340 km2, von denen mehr als die Hälfte in den Großschutzgebieten “Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin” bzw. dem Nationalpark "Unteres Odertal” liegen. Die Region weist insgesamt eine gute Infrastruktur und ein breites Angebot an Kultur- und Freizeitangeboten auf. In den Ortskernen von Greiffenberg, Biesenbrow, Bölkendorf und Stolpe sowie in der Kernstadt gibt es seit kurzer Zeit auch sogenannte Mitfahrbänke - spontane und kostenlose Mitfahrgelegenheiten zum Wunschort. Neben den üblichen Verwaltungsdiensten und aktuellen Neuigkeiten sind auch die Mitfahrbänke mittlerweile über die Angermünde-App organisiert.
Im November 2018 startete Angermünde einen Prozess, in dem das sogenannten INSEK (Integriertes Stadtentwicklungskonzept) zusammen mit Angermünder Bürgerinnen und Bürgern entwickelt wurde. In Veranstaltungen, Interviews, Touren und einer Zukunftswerkstatt wurden neben der Bestandsaufnahme auch Probleme herausgearbeitet und in mehreren Schritten konkrete Maßnahmen abgeleitet. Ziele des INSEK Angermünde 2040 sind es, die Herausforderungen der weiteren Entwicklung der Gesamtstadt zu erkennen und Strategien für die zukünftige Entwicklung zu erarbeiten. Auch der Grundstein für den Umgang mit Leerstand und Brachflächen wurde hier gelegt.
Aus dem INSEK 2040: […] Brachflächen, Baulücken, Gebäudeleerstände oder überdimensionierte Stellplatzflächen: Eine (Re-)Aktivierung dieser Flächen mit neuen sinnvollen Nutzungen reduziert den Flächenverbrauch, belebt die Dörfer und stärkt die vorhandenen Versorgungsstrukturen.
Was wir aus dem Projekt mitnehmen
Was wir aus dem Projekt mitnehmen
Meilensteine & Knackpunkte
Wichtige Meilensteine
1. Leerstandserfassung
Die Leerstandserfassung hat gezeigt, wie viele Potenzialräume in der Region überhaupt ungenutzt sind. Das Zusammentragen von Hintergrundinformationen hilft, sich einen guten Überblick zu verschaffen.
2. Gebäudeauswahl
Die Expertise des Netzwerkes und gemeinsame Ortsbegehungen mit weiteren Fachexpert*innen führte am Ende zur Auswahl zwei geeigneter Immobilien.
3. Private Eigentümer*innen kontaktieren, gemeinsame Ortsbegehung
Vor der Gebäudeauswahl fand eine Info- und Vernetzungsveranstaltung statt, zu der private Eigentümer*innen, deren Immobilien bei der Erfassung für eine potenzielle Umnutzung identifiziert wurden, eingeladen wurden.
4. Konzeptvergabe-workshop
Erst durch den Infoworkshop vom Netzwerk Immovielien wurde deutlich, wie viel mehr Einfluss die Gemeinde auf die Gestaltung und Nutzung von Gebäuden nehmen kann. Für die Kooperation von Gemeinde und Netzwerk war das ein Meilenstein und wichtiger Motivationsschub.
5. Überregionale Vernetzung
Zur öffentlichen Ausschreibung des Projektes hat es geholfen, auch überregionale Kanäle zu bedienen, um mehr Interessent*innen zu erreichen.
Schwierige Knackpunkte
1. Information und Einbindung der Menschen vor Ort
Besonders die Ortsvorsteher*innen sind wichtige Akteure im Prozess und sollten daher möglichst frühzeitig aktiv mit eingebunden werden. Über die lokalen Kanäle sollten auch die Anwohner*innen auf dem Laufenden gehalten werden, sobald der grobe Projektrahmen abgesteckt ist.
2. Mehraufwand neben Alltagsgeschäft
Durch die Kooperation konnte das Netzwerk einen großen Teil der Organisation und Außenkommunikation für die Gemeinde übernehmen. Ohne Unterstützung steht für viele kleine Kommunen die große Frage nach einer Möglichkeit, den zeitlichen Mehraufwand zu leisten im Raum
3. Verhandlungen mit Privateigentümer*in
Sobald es um Privatbesitz geht, sollten alle unmittelbar Beteiligten an einem Tisch zusammenkommen. Im besten Fall gibt es bereits vor der Ausschreibung eine grobe Vereinbarung über Kauf- oder Pachtpreis und Vergabeform - und das direkt mit dem/der Eigentümer*in und nicht mit der Hausverwaltung.
4. Zielsetzung und Kriterien
Was man mit der Vergabe von einer Immobilie an eine Gruppe erreichen will und welche Ziele man allgemein für den Ort(steil) verfolgt, sollte möglichst zu Beginn geklärt werden, noch bevor man die Ausschreibung macht.
5. Rechtliche Unterstützung für Verträge und Anhandgabe
Die Anhandgabe ist als Testphase sowohl für verschiedene Nutzungen als auch die Zusammenarbeit gedacht. Das benötigt einen klaren rechtlichen Rahmen, in dem sich alle Partner*innen gut und sicher bewegen können, damit auch eine Entscheidung auch im Nachgang nicht mehr angefochten werden kann.
Der Entwicklungsprozess des Modellprojekts
Phase 1
Grundlagen schaffen
Der Auftakt
Bald fand die Kick-Off Veranstaltung sowohl mit allen wichtigen Mitarbeiter*innen der Stadt und des Bauamtes als auch mit wichtigen Vertreter*innen aus der Gemeinde und dem Netzwerk statt. Zunächst wurden hier alle auf einen gemeinsamen Kenntnisstand gebracht. Es wurden gemeinsame Zielvorstellungen und der Rahmen für die Zusammenarbeit abgesteckt. Die Finanzierung für das Projekt stand bereits durch die gemeinsam beantragte und bewilligte Förderung für die Wissensplattform fest.
Tipp
Neben der Kommune können auch Sie als Eigentümer*in den Anstoß zur Kooperation geben. Informierende und beratende Netzwerke oder Stiftungen unterstützen Sie dabei gerne!
Der erste Eindruck
Der erste Eindruck
Bestand und Leerstand detailliert erfassen
Die Stadt Angermünde konnte bereits auf ein Leerstandskataster als Grundlage zurückgreifen. Über Ortsbegehungen und eine Online-Recherche haben die Mitarbeiter des Bauamtes darüber hinaus die Lücken im Kataster gefüllt und alle notwendigen Informationen beispielsweise zu Lage und Eigentümer*in zusammengetragen. Schnell wurde klar, dass die anfängliche Annahme von “Wir haben hier gar keinen geeigneten Leerstand!” hier keineswegs zutrifft.
Tipp
Für den Rahmen des Modellprojektes gab es das klare Ziel, ein bis zwei geeignete Immobilien zu bestimmen, denn der gesamte Prozess sollte anhand weniger Beispiele exemplarisch erprobt werden können. Wenn Sie bspw. gerade dabei sind, eine regionale Entwicklungsstrategie aufzusetzen, lohnt sich natürlich eine breitere Auswahl an Potenzialräumen.
Potenzialräume filtern und auswählen
Über große Lagepläne gebeugt wurden alle Immobilien gemeinsam gesichtet. Über ein Ausschlussverfahren sind bereits ein paar Gebäude von der Liste verschwunden – die unmittelbare Nachbarschaft zu einer Schweinemastanlage ist nicht unbedingt attraktiv für eine Projektgruppe. Die Erfahrung des Netzwerkes im Bezug auf Bedürfnisse von Zukunftsort-Akteuren half bei der Beurteilung, welche Gebäude sich für welche Kombination von Nutzungen eignen. So fand bereits der erste Visions- und Machbarkeitsabgleich zwischen den Vorstellungen der Gemeinde und den Möglichkeiten der Gebäude statt.
Tipp
Wenn Sie mehrere Objekte gleichzeitig in eine Entwicklung bringen wollen, empfiehlt sich, dennoch alle getrennt auszuschreiben und separate Informations- und Kommunikationskanäle aufzusetzen – denn die Objekte und somit auch die Belange während dem Prozess können sehr unterschiedlich ausfallen und auch zu zeitlich variierenden Abläufen führen.
Phase 2
Akteure zusammenbringen
Eigentümer*innen kontaktieren
Während die Mitarbeiter*innen der Stadt die Gebäude und Eigentümer*innen ermittelten, übernahm das Netzwerk die Kontaktaufnahme zu den Immobilieneigentümer*innen. Die engere Auswahl von fünf Immobilien wurden dann erneut gemeinsam mit den Eigentümer*innen vor Ort besichtigt. In den ersten persönlichen Gesprächen ließ sich bereits erahnen, wo eine Kooperation gelingen und mit welchen Partner*innen eine Einigung schwierig werden könnte. Am Ende fiel die Entscheidung auf zwei sehr verschiedene Gebäude:
Es ist sehr schwer etwas zu machen, wenn man nicht selbst vor Ort ist. So nehmen wir auch als Eigentümer mehr eine verwaltende Rolle in dem Projekt ein.
Erbengemeinschaft /
Gut Ziegenberg
Ein großes, privates Gebäude mitten im Wald eines kleinen Ortsteil von Angermünde. Die Größe des Gebäudes und der dazugehörigen Außenflächen schienen geeignet für größere Akteursgruppen und umfangreiche Projekte. Da es sich um eine ehemalige Jagdschule handelte, waren zudem die Geschichte sowie die Architektur besonders interessant.
Ein großes, privates Gebäude mitten im Wald eines kleinen Ortsteil von Angermünde. Die Größe des Gebäudes und der dazugehörigen Außenflächen schienen geeignet für größere Akteursgruppen und umfangreiche Projekte. Da es sich um eine ehemalige Jagdschule handelte, waren zudem die Geschichte sowie die Architektur besonders interessant.
Bei dem zweiten Objekt handelte es sich um ein ehemaliges Gutshaus inmitten eines weiteren Ortsteils. Das Gebäude stand bereits viele Jahre leer und lag der Stadt sowie dem Ortsteil besonders am Herzen. Die Lage im Ort sowie die größere Gebäudefläche ließen auch hier eine gute Kombination aus Wohnen und Arbeiten vermuten.
Bei dem zweiten Objekt handelte es sich um ein ehemaliges Gutshaus inmitten eines weiteren Ortsteils. Das Gebäude stand bereits viele Jahre leer und lag der Stadt sowie dem Ortsteil besonders am Herzen. Die Lage im Ort sowie die größere Gebäudefläche ließen auch hier eine gute Kombination aus Wohnen und Arbeiten vermuten.
Ein großes, privates Gebäude mitten im Wald eines kleinen Ortsteil von Angermünde. Die Größe des Gebäudes und der dazugehörigen Außenflächen schienen geeignet für größere Akteursgruppen und umfangreiche Projekte. Da es sich um eine ehemalige Jagdschule handelte, waren zudem die Geschichte sowie die Architektur besonders interessant.
Ein großes, privates Gebäude mitten im Wald eines kleinen Ortsteil von Angermünde. Die Größe des Gebäudes und der dazugehörigen Außenflächen schienen geeignet für größere Akteursgruppen und umfangreiche Projekte. Da es sich um eine ehemalige Jagdschule handelte, waren zudem die Geschichte sowie die Architektur besonders interessant.
Bei dem zweiten Objekt handelte es sich um ein ehemaliges Gutshaus inmitten eines weiteren Ortsteils. Das Gebäude stand bereits viele Jahre leer und lag der Stadt sowie dem Ortsteil besonders am Herzen. Die Lage im Ort sowie die größere Gebäudefläche ließen auch hier eine gute Kombination aus Wohnen und Arbeiten vermuten.
Bei dem zweiten Objekt handelte es sich um ein ehemaliges Gutshaus inmitten eines weiteren Ortsteils. Das Gebäude stand bereits viele Jahre leer und lag der Stadt sowie dem Ortsteil besonders am Herzen. Die Lage im Ort sowie die größere Gebäudefläche ließen auch hier eine gute Kombination aus Wohnen und Arbeiten vermuten.
Projektvorhaben kommunizieren
Auf der ersten Info- und Vernetzungsveranstaltung kamen die Mitarbeiter*innen der Verwaltung und Vertreter*innen unseres Netzwerkes mit den Ortsvorstehenden und Eigentümer*innen der ausgewählten Immobilien zusammen an einen Tisch. Idee und Vorhaben des Projektes, aber auch das Netzwerk als solches wurden hier noch einmal vorgestellt und Chancen wie Bedenken gemeinsam diskutiert.
Download
Tipp
Auch wenn überregional mehr Interessent*innen zu erreichen sind, ist es dennoch wichtig, auch die lokalen Informationskanäle zu nutzen – im gleichen Schritt werden auch die Anwohner*innen selbst informiert und eingeladen.
Phase 3
Nutzung bestimmen und ermöglichen
Der Konzeptvergabeworkshop in Angermünde
Der Konzeptvergabeworkshop in Angermünde
Es ist schön, dass eine Stadt nach Konzepten und nicht nach dem höchsten Preis sucht.
Louise Gassenmeyer / Gruppenprozesse & Mediation
Projektinitiative Großraumbüro
Workshop zur Konzeptvergabe
Caroline Rosenthal vom Netzwerk Immovielien berichtete in einem Informationsworkshop über Nutzen und Funktionsweise einer Konzeptvergabe. Der Workshop war offen für die Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung und ein
wichtiger Meilenstein auf dem gemeinsamen Weg. Jetzt wurde allen Beteiligten klar, welchen Gestaltungsspielraum sie tatsächlich haben und daraus konnte eine gute Portion Motivation gewonnen werden. Zum Abschluss wurde eine grobe Matrix für die Ziele und Visionen der Kommune erstellt, die in den kommenden Wochen stetig ausgearbeitet wurden. Im Nachgang wurden alle bisher gesammelten Informationen mit den neuen Erkenntnissen aus dem Workshop zusammengebracht.
Tipp
Ein regelmäßiger Jour Fixe hat geholfen, die Projektentwicklung am Laufen zu halten. Zu bestimmten Arbeitsschritten hat das Netzwerk Dokumentvorlagen erstellt, mit denen die Mitarbeiter der Stadt leichter arbeiten konnten.
Nutzungsszenarienworkshop
Zu der Präsenzveranstaltung im Rathaus waren die Ortsvorstehenden und Mitarbeitende bzw. Vertreter*innen der Stadt eingeladen. Vom Netzwerk sowie einer Architektin und einer Baukulturexpertin gab es zunächst kurze Impulsvorträge zum Thema “Gestaltungsmöglichkeiten” und die zwei ausgewählte Immobilien wurden noch einmal vorgestellt und detailliert besprochen. Zudem wurde das Nutzungskonzept des Zukunftsorts Hof Prädikow vorgestellt. Hier hat vor allem geholfen, nochmal einen externen Blick auf die ausgewählten Gebäude zu bekommen. Durch die Ideen, Einwände und Inputs der Expert*innen kam die Stadtverwaltung noch auf die Idee, ein weiteres Baugrundstück gemeinsam mit dem Gutshaus anzubieten. Das Baugrundstück lag nur zwei Flurstücke weit vom Gutshaus entfernt und gab den möglichen neuen Nutzer*innen die Möglichkeit entweder einen bisher fehlenden Garten zu nutzen oder sogar noch ein weiteres Haus zu bauen.
Erfahrung
Im Fall Angermünde hatten die Gemeinde und die Ortsvorstehenden keine konkreten Vorstellungen zur Nutzung der Gebäude und so wurde auch die Ausschreibung sehr offen gehalten. Gleichzeitig gab es ein Kaufinteresse an einer der beiden Immobilien von privater Seite und es musste zunächst eine Einigung gefunden werden: Für eines der beiden Objekte bereits ein Verkaufsbeschluss vor, der zunächst über die Zustimmung des Ortsbeirates ausgesetzt werden musste. Es wurde dann gemeinsam entschieden, den Verkaufsbeschluss für 1 Jahr zu pausieren und vollends außer Kraft zu setzen, wenn eine Übergabe an Nutzer*innen tatsächlich gelingen sollte.
Phase 4
Konzeptvergabe durchführen
Gute Kommunikation und Reichweite sind die Basis einer erfolgreichen Konzeptvergabe. Mit folgendem Vorgehen gewannen wir Interessierte und motivierten sie zur Konzeptabgabe:
Die gesamte Außenkommunikation lief während der Ausschreibung über das Netzwerk Zukunftsorte, um besonders überregionale Kanäle nutzen zu können. Über die Meet-Up Gruppe des Netzwerks sowie über den netzwerkeigenen Newsletter, den Instagram- und Facebook Kanal wurde das Projekt veröffentlicht. Auch Ebay Kleinanzeigen, Immoscout und die Plattform Bring Together wurden ausprobiert, hier konnten jedoch kaum bis keine Interessent*innen gewonnen werden.
Tipp
Bereits vor der Ausschreibung sollte der/die Eigentümer*in und/ oder die Kommune eine Einigung hinsichtlich Kauf- oder Pachtpreis und Eigentümermodell getroffen haben.
Vor der öffentlichen Ausschreibung fand über die Netzwerkkanäle ein digitales Meet-Up statt, in dem das Projekt sowie die Immobilien (allerdings ohne genaue Adresse und ausschließlich mit Fotos aus dem Innenbereich) vorgestellt wurden.
Nach dem Meet-Up konnten interessierte Gruppen zunächst eine informelle Interessensbekundung abgeben. Hier war es besonders wichtig, einen möglichst niedrigschwelligen ersten Einstieg in die Konzeptvergabe zu bieten, um möglichst viele Gruppen und Interessierte einzuladen. Die Bekundungen wurden der Stadt sowie dem Eigentümer bewusst noch nicht vorgelegt, um mögliche erste Urteile zu vermeiden. Stattdessen wurden alle Gruppen, die sich mit einer Interessensbekundung beworben hatten, auch zu einer Besichtigung (dem “Leerstandsspaziergang”) eingeladen.
Transparenz ist alles. Bei einer Konzeptvergabe ist es besonders wichtig, einen klaren und transparenten Ablauf zu gestalten. So wurde darauf geachtet, dass alle Interessierten die gleichen Informationen zur selben Zeit erhielten. Es wurde ein Slack Kanal eingerichtet, in dem sich die Gruppen auch untereinander austauschen und Fragen stellen konnten. Fragen, die sich beispielsweise beim Leerstandsspaziergang oder auch im Nachgang ergaben, wurden gesammelt und dann immer für alle in einer E-Mail beantwortet. Auch, dass es sich um eine Art Test-Projekt handelt, wurde klar kommuniziert.
Bei einem zweiten Meet-Up konnten die Gruppen dann in großer Runde Rückfragen zu den Gebäuden stellen und gleichzeitig wurde noch einmal die Werbetrommel für neue Bewerbungen gerührt.
Tipp
Außerhalb einzelner Veranstaltungen ist es hilfreich, den Gruppen einen oder mehrere feste Ansprechpartner*innen sowie feste “Sprechzeiten” zu stellen, um die möglicherweise vielen Anfragen zu bündeln. Transparenz ist jetzt besonders wichtig: Jede Frage sollte für alle Interessent*innen gleichermaßen beantwortet und niemand ausgeschlossen werden.
Downloads
Erst in Vorbereitung auf den Leerstandsspaziergang mit den interessierten Gruppen und Eigentümer*innen wurde seitens der Gemeinde über konkrete Konzeptkriterien wie Ökologie, Inklusion oder Nutzungsintensität nachgedacht. Der tatsächliche Leerstandsspaziergang fand dann etwa 4 Monate nach der Ausschreibung statt. Davor wurde den Gruppen ein detaillierter Zeitplan sowie Kriterien für die Ausschreibung mitgeteilt. Das war wichtig, um ihnen genug Vorlauf zu geben, ihre Konzepte zu finalisieren.
Tipp
Je kleinteiliger die Schritte bzw. der Zeitplan definiert sind, desto besser können Gruppen damit arbeiten.
Wiederum vier Monate nach dem Leerstandsspaziergang sollten die Gruppen erste Nutzungskonzepte einreichen. In einen Vertiefungsworkshop zusammen mit einigen ausgewählten Gruppen und verschiedenen Expert*innen sollten die Konzepte ausgearbeitet/angepasst werden, bevor die finalen Konzepte inklusive Finanzierungsplan knapp 6 Monate nach gemeinsamer Besichtigung abzugeben waren.
Tipp
Im besten Fall wird den Gruppen eine Präsentation vor Ort angeboten – das bietet besonders nicht-professionellen Gruppen die Chance, Aspekte ihres Konzeptes zu erläutern, die schriftlich nicht perfekt ausgearbeitet sind.
Zu unserem Leitfaden Zukunft statt Leerstand - Gebäude nach Konzept veräußern
Wie ging es weiter?
Verhandlungen mit dem Eigentümer – ein Learning aus Angermünde
Bis zu diesem Zeitpunkt fand die Kommunikation ausschließlich mit dem Immobilienverwalter statt, welcher dem Projekt wohlgesinnt war und die Teilnahme an einer Konzeptvergabe zugesichert hatte. Der Eigentümer war mehrmals um ein Treffen gebeten worden, hatte jedoch immer auf seinen Verwalter verwiesen. Zu diesem Zeitpunkt war ein Gespräch mit ihm unumgänglich geworden und es fand sich schließlich ein Termin. Es fand im Bauamt in Angermünde zusammen mit zwei Mitarbeitenden der Stadt sowie zwei Vertreter*innen des Netzwerks statt.
Das Gespräch ergab, dass zwar auch der Eigentümer die Vorhaben des Projektes gut fand. Gleichzeitig war ihm jedoch die Profitsteigerung der Immobilie wichtiger. Daraus ergab sich ein Kaufpreis, welcher aus Sicht des Leerstands-Matching-Teams der Immobilie und ihrem Zustand nicht angemessen war und den auch die bisherigen Gruppen nicht im Stande waren zu leisten.
Tipp
Im Modellprojekt haben wir gelernt, dass ein frühzeitiges Gespräch zu fixen Rahmenbedingungen und Preisen extrem wichtig ist, denn das kann allen Beteiligten viel Arbeit und falsche Erwartungen ersparen.
Gutshaus Biesenbrow erfolgreich vermittelt
Durchführung eines Konzeptverfahrens
Nachdem die Jagdschule nicht vergeben werden konnte, blieb als Objekt das Gutshaus Biesenbrow im städtischen Besitz. Im Frühjahr 2023 wurden mit einer engagierten Gruppe und einem lokalen Projektentwickler intensive Gespräche aufgenommen, die Interesse am Objekt bekundet hatten. Mit beiden Gruppen wurde ein Konzeptverfahren gestartet, bei dem das Netzwerk Zukunftsorte, die Verwaltung und hier insbesondere die Mitarbeiter des Bau- und Liegenschaftsamtes beratend begleitete.
- Mehrmalige Ortsbesichtigung mit Gruppe
- Aufstellung und Mitteilung der Bewertungskriterien
- Präsentation der Konzepte vor einer ausgewählten Jury aus Vertreter*innen der Stadtverwaltung, Ortsbeirat, Seniorenbeirat und Netzwerk Zukunftsorte im Rathaus Angermünde
- Bewertung der Präsentation und Konzepte nach Wertungsmatrix und Empfehlung an städtische Ausschüsse
- Präsentation der Konzepte im Bauausschuss und in der Stadtratssitzung
- Entscheidung der städtischen Gremien auf Grundlage der Konzepte und Umsetzungsstrategie zugunsten für eine der Objektinteressierten
Verkauf oder Erbbaurecht
Während des Vergabeprozesses stand die Kommune vor der Frage, ob das Gutshaus direkt an die Gruppe verkauft, eine Anhandgabe vorgeschaltet oder über einen Erbbaurechtsvertrag übergeben werden sollte. Das Bau- und Liegenschaftsamt entschied sich schließlich für einen Verkauf mit entsprechenden Auflagen im Umgang mit dem Objekt. Mit der Entscheidung kam sie auch den interessierten Bewerbern entgegen, die einen Kauf befürwortet hatten. Mit den Käufern wurde unter Zuhilfenahme von juristischer Beratung ein Vertrag verhandelt, um für beide Parteien konkrete Zielvorstellungen und Sicherheiten festzuschreiben. Das beinhaltet etwa die Festsetzungen der kommunalen Belange (siehe Bewertungskriterien), die Konzeptbindung und die Formulierung zeitlicher Fristen der Umsetzung im Vertrag als maßgebliche Richtlinien.