Den ersten Schritt wagen

Ihr wollt Veränderung, denn wie ihr jetzt lebt und arbeitet, erfüllt euch nicht? Ihr wollt raus aus der Stadt, habt Sehnsucht nach dem Land oder neuem Austausch im Dorf? Oder ihr wohnt bereits auf dem Land und möchtet vor Ort etwas bewirken, neue Projekte, Wohn- und Arbeitsformen initiieren? Wo auch immer ihr gerade steht – ob ihr schon eine Gruppe gefunden habt, oder noch alleine seid, eine Vision vor Augen und mit der Suche schon begonnen habt oder noch ganz am Anfang steht – auf dieser Plattform bekommt ihr einen Überblick über die verschiedensten Aspekte, die im Prozess der Projektentwicklung eine Rolle spielen werden.

 - Foto: Johanna Keller

Überland Festival 2021 im Kühlhaus Görlitz 

 | Foto: Johanna Keller

Findet eure Ausrichtung!

Welcher Zukunftsorte-Typ wollt ihr sein?

Schon ganz am Anfang stellt ihr die Weichen für Euren künftigen Zukunftsort. Um Eure Vision besser zu definieren hilft es, einen groben Fokus zu wählen. Die drei folgenden Grafiken zeigen beispielhaft 3 Typen von Zukunftsorten:

Mit seinen vielen Initiativen liegt beim heimatHof Gut Ziegenberg ein klarer Fokus auf lokaler Beteiligung und regionaler Entwicklung: Raum zum Lernen und Machen, Gewerbe und lokaler Produktion. Die Gruppe ist stark vor Ort verankert – alle leben im Umfeld, nicht im Zukunftsort selbst.

Als großes Wohnprojekt mit offenem Treffpunkt und diversen Themen hat Hof Prädikow ein breites Wirkungsspektrum: lokal, mit Raum und offenen Angeboten für Arbeiten, Bildung und Freizeit, aber auch regional als Modellprojekt und Sitz des Netzwerk Zukunftsorte.

Der Fokus des Coconat liegt mit seinem Workation Retreat auf dem Thema Arbeiten und Gründung vor Ort. Durch diverse Kooperationen mit der Stadt und Region ist hier ein echtes Innovationscluster für soziale Innovation und Unternehmertum entstanden.

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HeimatHof Gut Ziegenberg

Durch den ersten Schritt entsteht der nächste.

Regionalität als Chance: Eine Gesellschaft, die darauf baut, nur den individuellen Nutzen zu mehren, ist am Ende.

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 - Photo: © Christian Kant
Norbert Kunz / Geschäftsführung

Social Impact

Wandel gestalten

Zukunftsorte zeichnen sich durch ganz unterschiedliche Gruppengrößen und -konstellationen, Lebensräume und gesellschaftliche oder unternehmerische Ziele aus. Was die Projekte aber vereint, ist die grundsätzliche Vision, an einem Standort zu wohnen und zu arbeiten – und das auf dem Land.

Gründer*innen entscheiden sich dabei also nicht nur dafür, in Gemeinschaft zu leben, sondern auch gemeinschaftlich, bzw. kooperativ, zu arbeiten. Norbert Kunz, Geschäftsführer von Social Impact, sieht in diesen gemeinnützigen Strukturen einen Ausdruck für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft und unterstreicht die Bedeutung von den sogenannten Experimentierzellen, wie wir auch die Zukunftsorte gerne bezeichnen. Obwohl in kleinem Rahmen gedacht, werden sie mit der Zeit ein Umdenken auf globaler Ebene anstoßen können. Wenn das nicht Grund genug zum Loslegen ist!

Tipp

Als angehendes Zukunftsort-Projekt muss man nicht selten erst die Kommune oder die Eigentümer*innen der Gebäude überzeugen. In dieser Publikation könnt ihr viel über ihre Bedürfnisse und Bedenken erfahren.


ÜBER MORGEN - Vom Leerstand zum Zukunftsort

Relevante Themen in dieser Phase

Sechs Wahrheiten über das Suchen eines Zukunftsorts

Nicht alle, die auf’s Land raus ziehen oder vor Ort ein Wohnprojekt  aufbauen, gründen damit unbedingt auch einen Zukunftsort. Dazu gehört eine Menge mehr. Die Idee vom Leben auf dem Land als Zukunftsort bringt den Willen mit sich, neben dem Gestalten des eigenen auch den Lebensraum der größeren Gemeinschaft mitgestalten zu wollen. Und damit ist nicht nur die eigene Projektgemeinschaft, sondern auch die im Ort lebenden und letzten Endes die gesamte Gesellschaft gemeint. Zum Einen begünstigen Zukunftsorte dabei die Entwicklung, dass sich städtische und ländliche Räume nicht mehr separat voneinander, sondern in Kooperation und Zusammenarbeit  entwickeln. Zum Anderen sind wir an einem Punkt angelangt, an dem einige grundlegende Mechanismen unserer Gesellschaft - egal ob Stadt oder Land - dem öko-sozialen Wandel im Weg stehen. Die Basis, um einen Zukunftsort zu gründen, ist die Motivation, diesen Mechanismen konkrete Alternativen entgegen zu setzen. Ihr seid wahrscheinlich schon darauf eingestellt, euch mit den sozialen, politischen und wirtschaftlichen Strukturen, die uns jeweils umgeben, auseinanderzusetzen, sie verstehen zu lernen und Alternativen zu denken. Diese Plattform soll helfen, Wege zu finden, diese Alternativen auch leben zu können.

Im Grunde genommen haben wir jeden Tag so Mikroemotionen, mal hoch mal runter, an einem Tag hundert Mal.

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 - Photo: Pablo Lopez
Cyrus Khazaeli / Gründer

Projektraum Drahnsdorf

Veränderung an sich geht leicht: Umzugswagen, Möbel rein, Möbel raus, fertig. Dass aber das lange Vorgestellte auch zur tatsächlichen neuen Realität passen und sich im Fall der Zukunftsorte auch die gesamte Entwickler*innen-Gruppe damit wohlfühlen sollte, ist eine Herausforderung. Ganz am Anfang sollte daher jede*r Einzelne, als auch die Gruppe zusammen, so genau wie möglich definieren, was sich jede*r jeweils von dem gemeinsamen Projekt erwartet. Seid dabei ehrlich zu euch selbst und erwartet von euch nichts, was eigentlich nicht zu euch passt. Man kann auch klein anfangen und das Projekt sowie die Rahmenbedingungen mit der Zeit immer weiter entwickeln. Stellt euch zuerst vielleicht die großen, allgemeinen Fragen. Ob ihr zum Beispiel (gleich) komplett raus ziehen oder teilweise am alten Wohn-/Arbeitsort bleiben wollt, wird euer Suchprofil beeinflussen. Was und wie wollt ihr dort arbeiten und gibt es die notwendigen Infrastrukturen bereits vor Ort? Welche Möglichkeiten sieht jede*r für sich, sich in den Strukturen vor Ort einzubringen? Und was erwartet ihr von den anderen in der Gruppe? Was braucht jede*r im Findungsprozess, um motiviert bei der Sache zu bleiben? Tauscht euch gut darüber aus, wer zu Beginn des Prozesses wie aufgestellt ist und wer wieviel und was für das Projekt leisten kann.


Je genauer eure Vorstellungen formuliert sind, umso besser könnt ihr später beurteilen, ob diese oder jene Immobilie zu eurem Vorhaben passt. Macht am besten eine Checkliste über eure Anforderungen und sortiert sie nach Prioritäten. Wo könnt ihr gegebenenfalls Abstriche machen und was müssen Standort und Immobilie unbedingt leisten können? Der Markt in näherer Umgebung von Großstädten ist mittlerweile schon abgegrast. Traut euch, den Radius zu erweitern und “weiter draußen” zu suchen. Habt dabei zum Beispiel die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel im Kopf. Versucht auch ein intuitives Gefühl zum Standort zuzulassen. Wie fühlt ihr euch in dieser Region?

Um konkrete Immobilien zu finden, solltet ihr euch außerdem nicht nur auf das Internet verlassen. Fragt bei lokalen Makler*innen, Vereinen und Initiativen oder einfach im Dorf nach, ob jemand etwas weiß. Oft stehen Häuser in den Dörfern leer und sind nirgends inseriert, weil die Interessenten schon zu lange ausgeblieben sind. Manchmal schreiben auch die Kommunen selbst Inserate aus oder vergeben Immobilien über sogenannte Konzeptverfahren. Dahinter steht die Ambition seitens der Kommunen, eine Immobilie oder Grundstücke nicht an den Meistbietenden, sondern an diejenigen zu vergeben, die das beste Konzept für die Region mitbringen. Ihr braucht also eine Vision und ein Nutzungskonzept für euren Ort, um an dem Verfahren teilnehmen zu können. Da jede Kommune dieses Verfahren etwas anders gestaltet, schaut euch vorher genau an, welche Kriterien die Kommune selbst für die Vergabe setzt.

 - Foto: Lena Heiß
Coconat

About finding and arriving

Jedes Gebäude, sei es ein Gutshof, eine alte Fabrik oder auch eine alte Schule, hat seine eigenen Stärken und Schwächen in Bezug auf verschiedene Nutzungskonzepte. Bevor es aber um einzelne Räume und ästhetische Ansprüche geht, liegen Themen wie Denkmalschutz, Bebauungs- und Nutzungspläne oder Gutachten beispielsweise für den Brandschutz oder mögliche Altlasten des Grundstücks auf dem Tisch. Über diese Abhängigkeiten solltet ihr euch schon vor der tatsächlichen Suche informiert haben um die Immobilie realistisch einschätzen zu können. Niklas Fanelsa vom Architekturbüro Atelier Fanelsa empfiehlt zum Beispiel, eine Ortsbegehung gemeinsam mit einer*m Architekt*in zu machen, um genau diese Faktoren mit Expertise einschätzen zu lassen. Im selben Zug könnt ihr dann auch abwägen, wie viel Eigenleistung ihr einbringen und wieviel Arbeit ihr an externe Fachkräfte abgeben müsst, was wiederum Auswirkungen auf die Finanzierung haben kann. Und wie immer gilt: regelmäßig die Vision, Prioritäten, Finanzen und das Durchhaltevermögen der Gruppe checken und gegebenenfalls anpassen. Die Realitätschecks sind wichtig, um sich nicht selbst oder gegenseitig zu überfordern.

Selbst eine Ruine kann eine gute Atmosphäre haben und dann findet man auch Wege, diese Ruine wieder herzurichten.

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Niklas Fanelsa / Architekt & Gründer

Atelier Fanelsa

Je nach Projektgröße und Gebäudezustand, würde ich empfehlen, einmal für eine Stunde gemeinsam über das Grundstück und durch die Gebäude zu gehen. Der Aufpreis für solch eine Beratung ist im Verhältnis zum Kaufpreis minimal und allemal lohnenswert.

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Niklas Fanelsa / Architekt & Gründer

Atelier Fanelsa

Es gab einmal Zeiten, in denen Immobilien auf dem Land grundsätzlich günstig waren. Diese Zeiten sind in vielen Regionen vorbei. Darum ist es wichtig, sich ein gutes Konzept für die anstehenden Kosten zu machen. Wieviel Geld ihr tatsächlich braucht, wisst ihr erst, wenn ihr auch die konkrete Immobilie gefunden habt. Deswegen solltet ihr zumindest grob schon vorher festlegen, wie viel Eigenkapital ihr einbringen könnt und woher das übrige Geld realistischerweise kommen soll. Hierbei gibt es nicht nur verschiedene Anlaufstellen, sondern auch diverse Konstrukte, die für euch als Gruppe ausschlaggebend sind. Ihr könnt zum Beispiel Kredite und Förderungen beantragen oder auch ein Crowdfunding starten. Tauscht euch aber unbedingt auch darüber aus, in welcher Konstellation ihr die Finanzierung aufstellen wollt. Bringt jede*r gleich viel Eigenkapital mit ein oder so viel, wie jede*r eben kann? Wollt ihr die Immobilie selbst besitzen oder eignet sich eventuell auch die Kommune als Käuferin und ihr pachtet das Grundstück? Gibt es Stiftungen oder Genossenschaften, die als Eigentümerinnen in Frage kommen?

Gleichzeitig ist es mit dem Kauf der Gebäude bzw. des Grundstücks nicht getan. In den meisten Fällen folgt dem Kauf ja noch die zeit- und kostenintensive Renovierung und der Umbau der Gebäude. Was das angeht, müsst ihr nicht alles auf einmal stemmen. Ihr könnt die Häuser schrittweise um- und ausbauen oder zunächst einmal temporäre Wohnformen auf dem Grundstück ermöglichen. Um dafür beispielsweise ein Crowdfunding zu starten, könnt ihr darüber nachdenken, Öffentlichkeitsarbeit  für euer Projekt zu betreiben und die Aufmerksamkeit zu steigern. Besonders wenn ihr eine größere Gruppe seid, sollte hierfür eine Person oder ein kleines Team hauptverantwortlich bestimmt werden.

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass ihr beim Kauf einer attraktiven Immobilie in Konkurrenz mit Investoren steht, die deutlich mehr Kapital haben als ihr. Um dennoch nicht gleich raus zu sein, hilft es, sich so professionell wie möglich aufzustellen und dem/der Verkäufer*in gut strukturiert den Mehrwert eures Projekts für das Umfeld darzulegen. Auch eure Finanzierung sollte möglichst bereits stehen, Kredite von Banken o.ä. bereits zugesagt sein, denn das schafft Vertrauen.

Ich kann nicht sagen, dass wir lange gesucht hätten, es war wirklich so, dass wir durch Zufall dieses Objekt angeschaut haben. Wir hatten davor auch nicht die Idee, mal so ein Projekt zu machen.

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Ina Fettig / Gründerin
Kaiserliche Postagentur

Elementar für das Funktionieren der Gruppe oder des Gründer-Teams ist, dass die gemeinsame Vision und deren Teilaspekte auch über den Verlauf der Zeit noch immer für alle gelten. Denn die Vision für das Projekt kann sich mit der Zeit doch stark verändern, weil zum Beispiel die Immobilie oder die Strukturen der Umgebung danach verlangen, oder sich die Lebensumstände der Beteiligten ändern. Für den Suchprozess sollte sich daher jede*r fragen: Wie viel Zeit kann ich wirklich einbringen und wie belastbar bin ich? Welche Gruppenkonstellation kann ich mir vorstellen?

Ihr müsst euch aufeinander verlassen, um so ein Projekt gemeinsam stemmen zu können. Für manche ist es dafür wichtig, sich besonders gut zu kennen und alles zu teilen, andere funktionieren besser, wenn sich jede*r einen gewissen Privatraum erhält, der der Gemeinschaft vorbehalten ist. Was aber ausnahmslos alle Zukunftsortemacher*innen mit Nachdruck empfehlen: Nehmt euch immer mal wieder raus! Zum einen jede*r für sich, aber vor allem die Gruppe aus dem Projekt. Kommt zusammen und genießt einfach euer Beisammensein.

Nach der Party folgt der Kater

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Katharina Vorbau / Gründerin
Zusammen in Neuendorf
 - Photo: Mirko Kubein

Zukunftsorte Übersicht

Bei der Suche nach dem richtigen Ort oder Konzept hilft es, sich von anderen Projekten inspirieren zu lassen. Have a look!

Zu den Zukunftsorten

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Wir vernetzen und beraten aktive Zukunftsorte auf dem Land, sammeln und teilen das Praxiswissen aus den Orten, helfen Kommunen und Immobilienbesitzer*innen neue Wege zu gehen und begleiten den Aufbau von Zukunftsorten.

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