Hürden für Kommunen

Kurz gesagt

  • 1

    Inspiration bei anderen Projekten suchen

  • 2

    Informationen, Beratung und Unterstützung einholen

  • 3

    Bestandserfassung als erster Schritt

  • “Wir haben gar keinen Leerstand.”

    Um geeignete Gebäude für eine gemeinwohlorientierte Nutzung zu identifizieren, braucht es Erfahrung und Vorstellungskraft, wie sich ungenutzte Immobilien transformieren lassen können. Zuerst sollten Sie Leerstand nicht länger als Mangel , sondern als wichtige Ressource begreifen. Leider gibt es bislang nur vereinzelt strukturierte Erfassungen von Leerständen und Potenzialgebäuden und es sind nur selten Strategien zur nachhaltigen Entwicklung bekannt oderbestehender Leerstand kann aufgrund fehlender Ansprechpartner*innen nur schwer adressiert werden. Ein Blick ins Grundbuch und die aktive Ansprache von Immobilienbesitzer*innen können Interesse wecken und den Prozess in Gang bringen.

    Der überwiegende Anteil der Leerstände ist in privater Hand und wir als kommunaler Träger haben eigentlich kaum Zugriff auf Leerstände in unserem Ort.

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    Chris Szallies / Stadtplaner im Bauamt Stadt Angermünde

    Interviewte: Christin Neujahr -
    Erfahrungen sammeln

    So kann man's machen

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    Gruppe bei Leerstandsspaziergang Angermünde
    | Foto: Lena Heiß

    Die Stadt Angermünde möchte leerstehende Immobilien mit zukunftsfähigen Konzepten entwickeln. Dabei geht es um Immobilien, die über die Komplexität eines Einfamilienhauses hinausgehen und sich für eine projektbezogene Entwicklung eignen. Beispielsweise alte Stallanlagen, ehemals industriell genutzte Immobilien oder denkmalgeschützte Ensembles mit höherem Sanierungsbedarf. Im Rahmen eines vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) geförderten Forschungsprojekts (Heimat 2.0 / Regionen Gestalten) wurde in Kooperation mit dem Netzwerk Zukunftsorte eine Potentialraumanalyse durchgeführt, welche im Anschluss die exemplarischen Nutzungsszenarien ausgewählter Leerstände erarbeitet.

    Es ist für die Stadt ein riesen Arbeitsaufwand, überhaupt erstmal die Grundlagen zu schaffen. Wenn ich daran denke, wie Leerstand vermittelt werden kann und welche Wege da möglich sind - darüber haben wir uns nie Gedanken gemacht. 

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    Chris Szallies / Stadtplaner im Bauamt Stadt Angermünde

    Leerstehende Immobilien und ungenutzte Brachobjekte gehören mittlerweile zum Erscheinungsbild vieler Städte und Dörfer. Gewerbeobjekte, Wohnimmobilien, ehemalige Bauernhöfe – die Palette der Liegenschaften, die auf eine neue Nutzung warten, ist groß. Die Altmark ist hier leider keine Ausnahme. Eine Besonderheit gibt es jedoch: Hier haben sich sieben Kommunen zusammengeschlossen und ein gemeinsames Brachen- und Leerstandsmanagement eingerichtet, welches sich unter der Marke Luxus der Leere um derartige Objekte kümmert.

    Unter dem Suchbegriff “Leerstandsmelder Software” finden sich verschiedene Softwarelösungen, die von Kommunen in die eigene Webseite eingebaut werden können. Damit haben Eigentümer*innen und Bürger*innen die Chance, Leerstand oder drohenden Leerstand über ein standardisiertes Formular in wenigen Schritten an die Kommunalverwaltung zu melden und so ein besseres Bild der aktuellen Lage zu bekommen. Mit dem Hintergrundwissen von möglichen Fördergeldern oder den städtebaulichen Zielsetzungen der Stadt- bzw. Ortsentwicklung, kann proaktiv nach einer Lösung gesucht werden.

    Tübingens Bürgermeister hat im Jahr 2019 Eigentümer von etwa 550 baureifen Grundstücken mit einer Aufforderung zur Entwicklung Ihrer Grundstücke kontaktiert. Der „Tübinger Bauzwang“ schlägt hohe Wellen und bezieht sich auf §176 BauGB welcher Grundstückseigentümer*innen dazu verpflichtet Ihre Grundstücke entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans zu bebauen oder an die Stadt zu veräußern.

    Das Netzwerk Immovielien setzt sich als bundesweites Netzwerk für bessere Rahmenbedingungen einer gemeinwohl­orientierten Immobilien- und Stadtentwicklung ein. Werden Sie Mitglied und verstärken Sie die gemeinsame Stimme!

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    In Prädikow wurde aus der maroden denkmalgeschützten Traktorenscheune ein Treffpunkt und Arbeitsort für das Dorf.

    | Foto links: Jörg Gläscher, Foto rechts: Adam Naparty

    “Das reißen wir besser ab.”

    Manchmal scheint der Abriss eines Gebäudes der einzig sinnvolle Weg zu sein – und auch der ökonomischste. Allerdings hat sich in der Vergangenheit der Abriss von Gebäuden oft nur durch Förderung getragen. Leerstand wiederzubeleben birgt dagegen auch ökonomisches, soziales und ökologisches Potenzial. Stichwort „graue Energie“:

    In dem Moment, wo ein Gebäude abgerissen wird, wird die gesamte Energie, die für Baustoffe, Herstellung, Transport, Lagerung, Verkauf und Entsorgung des Gebäudes aufgewendet wurde, verschwendet. Das kostet Geld und schadet dem Klima, denn häufig werden Ersatzneubauten aus Baustoffen hergestellt, die einen hohen Verbrauch an Primärenergie wie Sand oder Stahl aufweisen, die bisher fast nie nachhaltig entwickelt werden.

    Wir wissen aus der Forschung, dass es meistens günstiger ist, einen Bau zu erhalten, als abzureißen und neu zu bauen.

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    Claudia Muntschik / Beratung,Vernetzung,Ostsachsen

    Kreatives Sachsen

    Gute Alternativen zu Abriss:

    Wie viele ähnliche Gebäude war der Plattenbau in Böckenberg/Uckermark durch Leerstand dem Abriss geweiht. Der Gemeinde fehlte es aber an finanziellen Mitteln, um diesen durchzuführen. 2014 trat eine Gruppe kreativer Menschen an den Ort heran und vereinbarte eine Nutzung auf Zeit. Nachdem sich Gruppe und Konzept bewiesen hatten, einigte man sich auf eine finale Übergabe. Libken wird weiterhin stückweise entwickelt und fördert andere Vereine, Initiativen, Hochschulklassen, Organisationen, Personen und Gruppen, indem die vielfältigen Möglichkeiten der Gebäude und umliegenden Flächen für Arbeitsprozesse und Begegnung zur Verfügung gestellt werden.

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    Alternativ zum Abriss: Heute leben und arbeiten in dem Wohn- und Kulturort viele junge Familien.

    In der Uckermark haben die Architektin Kiri Westphal und der Zimmermann Mats Ciupka die Initiative „Die Häuserretter“ gegründet. Das Duo will historische Gebäude vor dem Verfall und Abriss bewahren. Sie bieten Besitzer*innen Hilfe bei der Beschaffung von Bauunterlagen, aber auch bei der tatsächlichen Sanierung an.

    Die niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieanlagen werden mit konkreten Handlungsempfehlungen in Form eines umfassenden Bauteilkatalogs bearbeitet. Im Rahmen einer Begleitforschung werden Initiativen und Projekte, die den ländlichen Raum beispielhaft kreativ besiedeln und damit neue Arbeits- und Lebensräume erschließen, begleitet. Ziel ist jeweils ein regionales, belastbares und umsetzungsfähiges Praxiskonzept für die Aktivierung von Wohn- und Arbeitsräumen für Kreativwirtschaft.

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    Niedrigschwellige Instandsetzung brachliegender Industrieareale für die Kreativwirtschaft | Herausgeber: BBSR

    Das große Potential, das in der Sanierung von Gebäuden steckt, wird bislang nicht voll ausgeschöpft. Dabei sind es doch unsere Bestandsgebäude, die Städte und Dörfer prägen. Das Handbuch “Mit Freude sanieren. Handbuch zur Umbaukultur” der Bundesstiftung Baukultur stellt gelungene Beispiele für Gebäude vor und zeigt, wie eine neue Umbaukultur entstehen kann.

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    Mit Freude sanieren – Handbuch zur Umbaukultur | Herausgeber: Bundesstiftung Baukultur

    Das Institut für neue Industriekultur versteht Orte der Industriekultur als wertvolle, nachhaltige und zukunftsfähige Ressourcen. Es bietet umsetzbare Lösungen zur sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und ökologischen Inwertsetzung industrieller Hinterlassenschaften sowie industriell geprägter Städte und Regionen.

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    Überlandfestival im Kühlhaus Görlitz. | Foto: Johanna Keller 

    “Diese Immobilie ist zu komplex.”

    Die ehemalige Geschäftsstelle der lokalen Bank, der aufgegebene Supermarkt oder das verlassene Betonwerk am Ortsrand – für all diese Orte gibt es inspirierende Beispiele der Umnutzung. Mit der Komplexität der Immobilien verlängert sich jedoch die Vorlauf- und Planungsphase. Die Herausforderungen liegen dabei nicht ausschließlich in der Bewertung der Substanz, sondern vor allem in Finanzierungs-, Nutzungs- und Entwicklungsstrategien. Hier gilt es die Gemengelage zu sortieren und Komplexität zu reduzieren. Das vermeintlich unlösbare Problem kann in Teilprojekte unterteilt und mit Hilfe eines nachvollziehbaren Prozesses angegangen werden. Im ersten Schritt braucht es den Willen zur Entwicklung – keine Millionenbeträge.

    Gelungene Beispiele

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    Industriebau als Ressource

    Neue Ansätze für Industriekultur – die alte Furnierhalle in Görlitz ist jetzt ein Ort für Jugend- und Soziokultur. | Fotos: Sebastian Hettchen

    Das Institut für neue Industriekultur steht für die Inwertsetzung von leerstehenden Industriebauten. Gerade bei Fabriken braucht es neue Einfälle. Häufig fehlt es an soliden Betreiberkonzepten, frischen Gestaltungsansätzen, detaillierten Machbarkeitsprüfungen und flexiblen Finanzierungsstrategien. Das INIK erforscht innovative Möglichkeiten, legt Potenziale frei und gibt den Fabriken eine Zukunft.

     - Photo: Silke Reents
    Praxisbeispiel E-Werk Luckenwalde
     | Photo: Silke Reents

    In Luckenwalde hat die Performance Electrics gGmbH unter künstlerischer Leitung von Helen Turner und Pablo Wendel das ehemalige E-Werk neu interpretiert. Als Stromproduzent wurden die alten Turbinen von Braunkohle auf Holzhackschnitzel umgestellt, so wird in dem 1913 erbauten Kraftwerk nicht nur nachhaltiger Strom produziert, sondern das gesamte Gelände zum Kunstzentrum transformiert.

    Die Gemeinde Ellefeld im sächsischen Vogtlandkreis transformiert das fast leerstehende Rathaus zu einem multifunktionalen Ortszentrum. Hier finden nicht nur die ehemalige Fleischerei und Landbäckerei wieder Ihren Sitz, sondern auch multifunktionale Veranstaltungsräume sowie ein neu eingerichteter Coworking Space. Eine moderne, bürgernahe Verwaltung, verknüpft mit einem privaten Dienstleistungsangebot präsentiert sich für Bürger*innen und Kunden transparent zum Halleninnenraum hin.

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    Raum-in-Raum Konzepte

    Es geht auch niedrigschwellig – mit Containern im alten Schlachthof in Karlsruhe wurde der Ort für das Projekt „PERFEKT FUTUR“ nutzbar gemacht.

    | Foto: Fidelis Fuchs

    Bei größeren oder teilweise verfallenen Gebäude kann es manchmal helfen, ein Raum-in-Raum-Konzept einzurichten, um schnellstmöglich mit einer Nutzung zu beginnen und die Erfüllung rechtlicher Vorgaben zu gewährleisten. Dafür werden Module oder Container aufgebaut, die als in sich geschlossene Räume funktionieren und daher eine direkte Nutzung ermöglichen. 

    “Dazu fehlen uns die nötigen Ressourcen.”

    "Der Zeithorizont der Bestandsentwicklung ist ein anderer. Davon müssen die Leute erstmal überzeugt werden."

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    Marco Beckendorf / Bürgermeister

    Wiesenburg/Mark

    Verwaltungen sind oft schon mit ihren Kernaufgaben mehr als ausgelastet. Die eigenständige Entwicklung einer Immobilien ist jedoch mehr als reiner Kosten- und Zeitaufwand und bietet viele (unbezahlbare) Vorteile: Sie können Einfluss auf die spätere Nutzung einer Immobilie nehmen, ortsbildprägende Gebäude erhalten und für die Nachbarschaft zugänglich machen sowie mit neuen Angeboten für mehr Lebensqualität in der Gemeinde sorgen. Die dazu notwendigen Prozesse zu erlernen, ist eine Chance für persönliche und kommunale Entwicklung. Wo neue Anforderungen auf den ersten Blick den alltäglichen Ablauf stören und knappe Kapazitäten binden, eröffnen sie andererseits die Möglichkeit, Innovation in die Verwaltung zu bringen und sich mit neuen Werkzeugen und Methoden fit für die Zukunft zu machen. Langfristig kann die Kooperation mit zivilgesellschaftlichen Akteur*innen sogar zur Entlastung der Verwaltung führen und neue Handlungsfelder eröffnen.

    Verwaltung neu denken (Platzhalter Audio) 

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    Chris Szallies / Stadtplaner im Bauamt Stadt Angermünde

    Das ist natürlich eine Riesenchance, dass wir als Kommune kein Wirtschaftsunternehmen sind, dass wir nicht verpflichtet sind, jeden Euro aus einer Immobilie rausquetschen müssen. Sondern eben Wert auch anders definieren können: nämlich als gesellschaftliche, dorfgemeinschaftliche, stadtgesellschaftliche Werte. Dann sind wir aber auch verpflichtet, das zu tun.

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    Frederik Bewer / ehemaliger Bürgermeister Stadt Angermünde

    Tipp

    Besonders für den “ersten Durchlauf” hilft es, Stunden zu zählen. So weiß man in Zukunft, welcher Schritt in etwa wie viel Zeit in Anspruch nehmen wird.

    Kosten und Aufwand durch gute Kooperationen teilen:

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    Neues Arbeiten und frische Ideen im Dorf | Foto: coconat

    Der Zukunftsort COCONAT in Klein Glien fand seinen Einzug in das ehemalige Landhotel über eine Konzeptvergabe. Dafür wurde das leerstehende Gebäude für innovative Konzepte von der Stadt ausgeschrieben. Nach einer ersten Einreichung des Konzepts konnte das Projektteam seine Ideen innerhalb eines Jahres vor Ort testen. Nach einem Dorffest und Design-Thinking-Workshop mit den Bewohner*innen eröffnete das Hotel 2017 und versammelt seither Gäste, lokale Vereine und neue Initiativen.

    Studierende der Architekturfakultät der TU Dresden forschen in der LEADER-Region Leipziger Muldenland. Unter dem Motto „Orte Schaffen“ werden in der gesamten Region leerstehende Gebäude unter die Lupe genommen. Gemeinsam mit Akteuren aus der Region werden neue Ideen für den ländlichen Raum entwickelt. Dabei spielt der fachliche Blick der angehenden Architekt*innen auf die Gebäudesubstanz genauso eine Rolle wie die möglichen Nutzungskonzepte für die derzeit noch leerstehenden Räumlichkeiten z.B. in Lüptitz, Polenz, Zeititz, Lindthardt, Grimma oder Colditz.

    In Kooperation mit Studierenden der HNE Eberswalde entwickelt die Stadt Angermünde eine leerstehende Villa zu einem öffentlichen Raum, anstatt sie gewinnbringend zu verkaufen. Mit intensiver Beteiligung der Angermünder Bevölkerung wurde für das Haus ein vielfältiges und flexibles Nutzungskonzept mit Fokus auf gemeinsames Lernen und Arbeiten für jung und alt geschaffen.

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    Publikation mit Praxisbeispielen und Unterstützungsmöglichkeiten für Mehrfunktionshäuser | Herausgeber: Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

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    Im Nutzungsszenarien Workshop werden Möglichkeiten und Betreiberkonstrukte geklärt | Foto: Lena Heiß

    “Da werden wir bestimmt verklagt”

    Wer klassische Pfade verlässt, braucht Sicherheit, Vertrauen und verlässliche Partner*innen. Neuartige Konzeptvergabeverfahren, Anhandgaben oder Vorkaufsrechte bergen auch ein rechtliches Risiko. Die Sicherungspflichten und Erfüllung baulicher Mindeststandards stellen für die Kommunen eine Herausforderung dar und individuelle Bestimmungen für Zwischennutzungen machen Arbeit und im Zweifel Ärger. Die Handlungsspielräume der öffentlichen Hand sind vergleichsweise gering. Privateigentümer*innen haben oftmals einen flexibleren Handlungsrahmen und können die Gesamtverantwortung übernehmen oder der Gruppe mehr Verantwortung übertragen. Für alle Fälle bedarf es einer guten Vorbereitung und rechtlichen Beratung. Im Austausch mit Akteur*innen und Gemeinden können Unterstützungsoptionen, erfolgreiche Strategien und Ermessensspielräume geteilt werden.

    Wir sind eben auch keine Privatperson, sondern eine Kommune. Für einen Verkauf brauchen wir deshalb auch klare Regeln, um uns abzusichern.

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    Klaus Sewekow / Liegenschaften im Bauamt Angermünde

    Gute Beispiele und Unterstützung:

     - Photo: Lena Heiss
    Umnutzung und Zwischennutzung in RothenklempeNOW

    Mit Starthilfe zum Öko-Landwirtschaftsbetrieb | Foto: Lena Heiß

     | Photo: Lena Heiss

    Zur Gründung der Höfegemeinschaft Pommern (heute Zukunftsort-Projekt RothenklempeNOW) ermöglichte der Bürgermeister, dass die Start-Gruppe um Tobias Keye das ehemalige Hotel als festen Wohnort nutzen und damit das Projekt in Gang bringen konnte. Heute verbindet das Projekt RothenklempeNOW drei landwirtschaftliche Betriebe in Mecklenburg Vorpommern, die gemeinsam eine regional verankerte, ökologisch betriebene und diversifizierte Landwirtschaft vorantreiben.

    Manchmal sind es auch die vermeintlich kleinen Entscheidungen, welche die nötigen Starthilfen geben!

    Expertise aus dem Netzwerk Immovielien

    Ein Instrument für gemeinwohlorientierten Stadt- und Liegenschaftspoltik ist das Konzeptverfahren, also die Veräußerung von Grundstücken nicht über den höchsten Preis, sondern entsprechend der Qualität der Idee für die Bebauung und Nutzung. Als erfahrene Expert*innen gab das Netzwerk Immovielien im Rahmen des “Leerstands Matching” in Angermünde eine Einführung in das Thema der Konzeptvergabe sowie Einblick in Beispiele aus anderen Städten und Gemeinden. Auf diese Weise können Kommunen anhand konkreter Projekte die rechtlichen Fallstricke und Vergabekriterien kennenlernen und berücksichtigen.

    Raum für kreative Zwischennutzung

    „Frei_Fläche: Raum für kreative Zwischennutzung“ wird von der Hamburg Kreativ Gesellschaft mit fachlicher Beratung des LIG umgesetzt. Das Programm richtet sich an Kreativschaffende in Hamburg, die auf der Suche sind nach günstigen Räumen und Experimentierflächen. Auch Hamburger Vermieter*innen, die Leerstand vermeiden und das Quartier ihrer Immobilie beleben möchten, profitieren von der Förderung. Vermieter*innen können hier Zuschüsse beantragen, um die Voraussetzung für Zwischennutzungen zu schaffen, z.B. kleine bauliche Maßnahmen, Kosten für die Inbetriebnahme oder Sonderkosten wie Bewachung, Haustechnik etc.

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    Typisch für Gruppen: der Gesprächskreis. Ob da wohl irgendwas bei rumkommt? | Foto: Jörg Gläscher

    “Projektgruppen sind unzuverlässig.”

    Vor Gruppen scheuen viele zurück:

    • Wer ist Ansprechpartner*in und wer ist befugt, Entscheidungen zu fällen?

    • Ist das Konzept wirklich tragfähig?

    • Schafft es die Gruppe, das nötige Geld zusammenzubekommen?

    • Wird die Gruppe halten oder zerstritten auseinander gehen?


    Die Angst vor Versprechen, die sich in Nichts auflösen, ist groß – denn Zeit und Geld für Luftprojekte hat niemand übrig. Gruppen haben aber oft den richtigen Ansatz: Gemeinwohlorientierung, partizipative Prozesse, Begegnungsorte für alle schaffen. Netzwerke und Wissensaustausch sind wichtig, um Akteur*innen zu professionalisieren und teilweise auch zwischen Gruppe und Gemeinde zu übersetzen, damit das Projekt nachhaltig gelingt. Es geht daher vor allem darum, frühzeitig ins Gespräch zu kommen und von Anfang an Wert auf transparente Kommunikation auf Augenhöhe zu legen.

    Gruppen entwickeln sich ständig.

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    Hans van Leeuwen / Eigentümer

    Kühlhaus Görlitz

    So kann die Zusammenarbeit gelingen:

    Kennen Sie die Gruppen-Phasen Storming, Forming, Norming, Performing? Das müssen Sie nicht - es hilft aber, das Verständnis für Gruppenprozesse zu stärken. Akteursgruppen sollten klare Zuständigkeiten benennen und professionell auftreten. Unterstützungsnetzwerke und Wohnprojektberater*innen in den verschiedenen Bundesländern können Sie bei der Gruppenfindung und -qualifizierung unterstützen.

    Um diverse Nutzergruppen einzubinden und die Bedürfnisse Ihrer Bewohner*innen zu verstehen sollten Sie in der Auswahl des Architekturbüros auf Erfahrungen mit Partizipationsprozessen achten. Immer mehr Architekturbüros schaffen den Spagat zwischen Bauen im Bestand, Partizipation und dem Einsatz nachhaltiger Baustoffe. Einen ersten Überblick vermittelt z.B. die Bundesstiftung Baukultur.

    In Deutschland tätige Stiftungen wie die Stiftung trias und die Terra Libra Immobilien GmbH (deutsche Tochter der Stiftung Edith Maryon) haben Erfahrungen mit der Koordinierung von Akteursgruppen und Immobilienbesitzer*innen. Sollte Ihr Projekt für eine Stiftungsübernahme geeignet sein, bekommen Sie Expertise und ein starkes Netzwerk dazu.

    “Seit gut 30 Jahren sind im Mietshäuser Syndikat Hausprojekte miteinander verbunden, die sich gemeinsam der Verwertungslogik des Immobilienmarktes entgegenstellen, indem sie solidarische und gemeinwohlorientierte Perspektiven schaffen: Häuser werden entprivatisiert, in Gemeineigentum umgewandelt und in Selbstorganisation wird Platz für bezahlbaren Wohn- und Gewerberaum geschaffen.” (Quelle: Mietshäuser Syndikat)

    Das Beratungsangebot des Mietshäuser Syndikats richtet sich (derzeit) vorrangig an Projektgruppen und kann somit ein geeigneter Partner in der Aushandlung mit Ihrer Gruppe sein.

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    | Foto: unsplash 

    “Die können viel erzählen.”

    Gerade in den neuen Bundesländern gibt es negative Erfahrungen aus der Wendezeit. Viele Kommunen kennen Projekte, die eingestellt wurden oder trotz vollmundiger Versprechen nie in die Umsetzung gekommen sind. So hat sich vielerorts unbemerkt Resignation und ein Gefühl von mangelnder Mitbestimmung ausgebreitet.

    Eins müssen wir vorweg nehmen – Scheitern ist noch immer eine Option. Es gilt Kommunikationsstrukturen so aufzubauen, dass Immobilienentwickler*innen, Mitarbeiter*innen der Verwaltung und Bürger*innen eine gemeinsame Sprache finden und bestmöglich zusammenarbeiten. Egal ob Zaungespräch, Visionsworkshop oder Whatsapp-Gruppe – für die Menschen vor Ort gibt es eine Vielzahl an Beteiligungsmöglichkeiten.

    Über Konzeptverfahren, basierend auf integrierten Stadtentwicklungskonzepten und/oder einer Bürgerbefragung gilt es, klare Anforderungen an die zukünftigen Entwickler*innen zu formulieren. Dabei können Entwicklungsziele vertraglich verankert und eine Neuvermietung an inhaltliche Vorgaben geknüpft werden. Mitbestimmung ist keine einmalige Veranstaltung und braucht einen eigenen Prozess. Richtig umgesetzt, erhöht Sie die Akzeptanz vor Ort, stärkt die Identifikation mit dem Projekt, ergänzt die lokalen Angebote und steigert die Lebensqualität vor Ort.



    Ich merke eben auch: Wenn die Kommune so offen auf die Menschen zugeht und ihnen solche Angebote macht, dass diese dann auch der Kommune etwas anbieten - nämlich ihre Kompetenz, ihr Wissen, ihren Input, ihre Verknüpfung und Vernetzung.

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    Frederik Bewer / ehemaliger Bürgermeister Stadt Angermünde

    So können Sie Ihre Mitsprache sichern:

    Sich durch gemeinsames Tun näher kommen, das war die Idee hinter der SCHEUNE PRÄDIKOW im Zukunftsort Hof Prädikow. In einem Prozess mit “den Neuen” und alt Eingesessenen wurden Bedarfe und Wünsche für die Entwicklung der zentral gelegenen Scheune zum Gemeinschaftsort Dorf erarbeitet und in die Architekturplanung eingebaut. Im gemeinsamen Tun konnten die künftigen Bewohner*innen des Zukunftsorts Hof Prädikow ihre neuen Nachbar*innen kennenlernen und ins Dorf hineinwachsen. Das geht natürlich leichter mit einem zentralen Treffpunkt für alle.

    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Umsetzung eigener Ziele zu sichern – sei es als Stadt, Gemeinde oder Eigentümer*in: Die Werkzeuge "Erbbaurecht" und "Konzeptvergabe" regeln vertraglich einzuhaltende Nutzungsweisen und gemeinsame Ziele. Die "Anhandgabe" ermöglicht den Akteuren einen Testzeitraum um finanzielle und strukturelle Fragen zu klären und gibt den Eigentümern Zeit, die Akteure kennenzulernen und die das anvisierte Konzept auf seine Tauglichkeit für den Ort zu überprüfen. Mehr Details zu Chancen und Anwendung der Werkzeuge finden Sie auf der Themenseite.

    Mittels des Anhandgabeverfahrens kann die Standortentwicklung des sogenannten „Eiermannbaus“ in Apolda, einer Ikone der Industriebaukultur, langsam reifen. Die IBA Thüringen erprobt mögliche Nutzungskonzepte und versteht sich dabei als Zwischenentwicklerin, die einen Ort zugänglich macht, gestaltet und beispielhaft zwischennutzt. Langfristiges Ziel ist es, das Areal über einen Erbbaurechtsvertrag an eine Projektgesellschaft zu vergeben, die sich im Zuge der Standortentwicklung gründen soll.

    Quelle: Glossar Gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung, Nationale Stadtentwicklungspolitik

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    Frei - sozial - national - … rechts. | Foto: Ausschnitt vom Buchtitel “Völkische Landnahme”, Ch. Links Verlag

    “Wen holen wir uns in den Ort?”

    Nicht immer ist die eigentliche Agenda von Gruppen offensichtlich. Ländliche Räume ziehen nicht nur Akteure mit zukunftsweisenden Projektideen an, die im Sinne des Gemeinwohls ländliche Regionen stärken möchten, sondern auch rechtsextreme Gruppen wie die völkischen Siedler. Ziel dieser Bewegungen ist es, durch strategische Raumgreifungsversuche und Immobilienkäufe völkische Siedlungsprojekte in ländlichen Regionen aufzubauen und ihre menschenfeindliche Ideologie abseits von staatlichen Strukturen zu verbreiten. Kommunen sollten sich eine Strategie für den Fall überlegen, dass Rechtsextreme versuchen, Immobilien im Ort zu erwerben. Wenn die Zivilbevölkerung nicht aufmerksam agiert, können ganze Dörfer rechtsextrem unterwandert werden. Schauen Sie also genau hin und nutzen Sie bestehende Beratungsangebote.

    Ich finde es sehr wichtig, die Ortsbeiräte, Stadtverordneten und natürlich auch die Einwohner vor Ort mitzunehmen. Es soll ja am Ende kein neuer Fremdkörper im Ort entstehen. Deswegen finde ich es auch richtig, wenn sich die Interessenten-Gruppen im Verlauf des Projektes direkt bei den Ortsbeiräten vorstellen.

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    Chris Szallies / Stadtplaner im Bauamt Stadt Angermünde

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    Auf dem ÜberLand Festival bei Görlitz bekennt man Farbe | Foto: Johanna Keller

    Wie Sie die Motivation der Gruppe erkennen können:

    Neben der proaktiven Klarstellung und Kommunikation der eigenen Werte, z.B. durch die Erstellung eines eigenen Leitbildes, kann es hilfreich sein, Experten zu befragen. Die Amadeu Antonio Stiftung bietet Beratungen an und hat in einer Publikation Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Völkischen Siedlern zusammengetragen.

    Dieses Buch klärt über die rechte Bewegung auf dem Land auf: Seit Jahren siedeln sich junge Rechtsextreme bewusst in ländlichen Regionen an, um dort generationsübergreifend »nationale Graswurzelarbeit« zu betreiben. Die Aussteiger von rechts betreiben ökologische Landwirtschaft, pflegen altes Handwerk und nationales Brauchtum. Sie bringen sich in örtlichen Vereinen ein und gehen in die lokale Politik, um Umweltschutz mit “Volksschutz” zu verbinden und eine angebliche “Überfremdung” zu verhindern.

    In der Bürgerregion Lausitz formieren sich Menschen und Initiativen und schaffen eine ausgebaute Trägerstruktur in den brandenburgischen und sächsischen Kreisen der Lausitz. Diese Bewegung von Akteur*innen der Lausitzer Zivilgesellschaft – ob dörflich oder städtisch, sorbisch oder deutschsprachig, ob brandenburgisch, sächsisch oder polnisch – verfolgt das Ziel, übereinander zu informieren und sich gegenseitig zu unterstützen

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    Wagen Sie den Schritt in Richtung Gemeinwohl und sozialer Rendite?
    | Foto: Jana Dünnhaupt