Verschiedene Typen mit vielfältiger Wirkung

Zukunftsorte können sehr verschieden ausgerichtet sein: Der Typus große Gruppe verbindet Wohnen mit Arbeiten und Gemeinschaft vor Ort. Orte mit kleinen Kerngruppen sind eher (Sozial-) unternehmerisch unterwegs. Noch andere haben einen kulturellen oder Bildungs-Fokus oder sind im Kern Begegnungsstätten.

Sie alle haben gemeinsam, dass sie einen merkbaren Mehrwert für ihr Umfeld bedeuten.

 - Foto: Eric Birnbaum

Das Wirkometer

Welche Wirkung ihr mit eurem Projekt bereits erzielt (oder noch erzielen könnt), könnt ihr in diesem nützlichen Tool für NGOs messen lassen - inkl. Tipps, wie ihr eure Wirkung noch verbessern könnt.

Hier gehts zum Wirkometer

Wir geben euch 9 Möglichkeiten mit auf den Weg, wie ein Zukunftsort ganz praktisch für die Region aktiv werden und sich zum guten Beispiel für sozialen und ökologischen Wandel entwickeln kann.

1. Politisches Engagement durch demokratische Beteiligung

Wenn ihr motiviert seid, einen Zukunftsort zu gründen, habt ihr wahrscheinlich auch ein Interesse daran, die gängigen gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Konventionen zu verändern. Einen Zukunftsort zu gründen, ist also einer von vielen Wegen, um einen Bottom-Up Prozess in Gang zu setzen. Schon während der Gründung könnt ihr bspw. über ein Crowdfunding die Finanzierung eures gemeinnützigen Projektanteils stemmen. Macher*innen suchen grundsätzlich Wege, um bürokratische Hürden zu umgehen oder bündeln Kräfte, um sie zu überwinden. Ihr könnt euch ehrenamtlich in der Gemeinde engagieren, den Kontakt zu den lokalen Ortsvorsteher*innen suchen und gemeinsam überlegen, was euch am Status Quo missfällt und wie ihr daran etwas ändern könnt.

Hier einige Beispiele: 

Regionalentwicklung ist Politik.

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Grit Körmer / Regionalmanagerin

LAG Märkische Seen e.V.

2. Bildungsangebote schaffen

Ihr betreibt Landwirtschaft oder ein anderes produzierendes Gewerbe? Ihr habt einen großen Außenbereich und könnt einen Lehrgarten anlegen? Oder habt ihr künstlerisch oder wissenschaftlich versierte und pädagogisch begeisterte Leute in eurem Team? Dann öffnet euren Zukunftsort für Erwachsene, Kinder und Jugendliche, bietet Führungen und Workshops an oder stellt einen offiziellen Antrag, als außerschulischer Bildungsstandort agieren zu dürfen, wie z.B. der heimatHof Gut Ziegenberg in Ballenstedt, der Kurse und Workshops zu Kunst, Kultur, Nachhaltigkeits- und Digitalthemen gerade für junge Menschen anbietet.

Tipp

Für außerschulische Bildungsangebote gibt es besondere Förderprogramme vom Bund, auch wenn die Anträge natürlich wieder viel bürokratischen Aufwand erfordern.

Zukunftsorte bieten die Chance, außerhalb des Klassenzimmers, durch praktische Teilhabe und selber machen Spaß am Lernen, Ausprobieren und der Auseinandersetzung mit neuen Prozessen zu vermitteln. Hier werden Themen rund um den Klimawandel und Digitalisierung immer wichtiger. RothenklempeNOW macht als Anbieter von Bildung für nachhaltige Entwicklung auf seinem “Weltacker” erfahrbar, wie die nachhaltige Ernährung der Zukunft funktionieren kann.

Einen außerschulischen Bildungsstandort schaffen.

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Anneke Richter / Projektinitiatorin
heimatHOF Gut Ziegenberg

3. Arbeitsplätze und Raum zum Arbeiten vor Ort

Die Digitalisierung ermöglicht immer mehr Menschen ortsunabhängig zu Arbeiten. Zwischen Home-Office und Pendelei gibt es einen stetigen Trend zu ländlichen Coworking Spaces.

Hier dreht es sich im Kern um Räume zur Kurz- oder Langzeitvermietung, sozialen und fachlichen Austausch sowie Wohnortnahe Arbeitsplätze für alle die Arbeit und Privat auch räumlich trennen wollen. Wenn ihr euer Gewerbe größer aufziehen wollt, könnt ihr sogar Arbeitsplätze für die Menschen aus der Region schaffen und gegebenenfalls noch Ausbildungsplätze anbieten.

Die Vielfältigkeit von Coworking Modellen haben wir gemeinsam mit der Coworkland e.G. und der Bertelsman-Stiftung in der Publikation "Coworking im ländlichen Raum" zusammengefasst.

Es gibt neben klassischem Coworking verschiedenen Ausprägungen, die u.A. auch Übernachtungsangebote, temporäre Wohngemeinschaften oder gastronomische Einrichtungen kombinieren. Im besten Falle entstehen offene Treffpunkte, eine moderne Arbeitsumgebung und neue Impulse im Ort.

Co-dies, Co-das? 

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Jörg Bodemann / Gründer

Flagshipstore Stolzenhagen

4. Netzwerke bilden oder stärken

Zukunftsorte sind oft Knotenpunkte oder Sitz von Netzwerken, die sich mit sozialem und ökologischem Wandel und Regionalentwicklung befassen. Beispielsweise gründete 2019 ein Teil der Community des Zukunftsorts Hof Prädikow das Netzwerk Zukunftsorte, die unter anderem diese Wissensplattform entwickelten. Die Kaiserlichen Postagentur in Raddusch bietet einen Projektraum spezifisch für Initiativen in der Regionalentwicklung an. Ein gemeinnütziger Verein, der dort Einzug gefunden hat, ist der Lausitzer Perspektiven e.V.. Viele Zukunftsorte sind darüber hinaus im neulandgewinnen e.V. vernetzt. So auch das Zukunftsort-Projekt RothenklempeNOW, Sitz des RCE Stettiner Haff, dem regionalen Kompetenzzentrum für Bildung für nachhaltige Entwicklung.

"Wir wollen die nachhaltige Transformation der Lausitz aktiv befördern. Dabei ist es auch für uns als Denkwerkstatt wichtig, vom „Denken:Reden“ zum Handeln zu kommen. Wichtige Kooperationspartner*innen für die Projektentwicklung finden wir in unserer Bürogemeinschaft im Projektraum der Kaiserlichen Postagentur Raddusch und im Netzwerk der Bürgerregion Lausitz.”

Lausitzer Perspektiven e.V. /

5. Lokalen Initiativen und Aktivitäten Raum geben

Ihr möchtet ein niedrigschwelliges Angebot liefern? Stellt Raum zur Verfügung! Das funktioniert auf verschiedenen Ebenen: Das Coconat bietet der Feuerwehr und dem jährlichen Apfelfest Platz. Es kann aber auch ein Raum sein, der für Gemeinderatssitzungen oder durch lokale Vereine genutzt wird wie im Haus des Wandels. Oder es ist noch temporärer, wie etwa das jährliche Dorffest, das auf dem Gelände eines Zukunftsorts stattfindet. Der Zukunftsort Gut Ziegenberg hat gleich ein ganzes Spektrum an Angeboten für die Nachbarschaft und begreift sich als “Heimatlabor”.

Es geht darum, die Leute aus dem Ort perspektivisch mit in das Gebäude zu holen: als Anlaufpunkt, als Versammlungsort und als Möglichkeit, das ehemalige Gasthaus und den Saal, den viele noch aus der Kindheit kennen, wieder der Öffentlichkeit zurückzugeben.

 - Photo: © Paul Glaser
Sebastian Zoepp / Gründer

Spreeakademie

Raum kann aber auch gemeinsam gestaltet werden. Wie zum Beispiel auf dem Hof Prädikow, wo Dorf- und Hofbewohner*innen in einem partizipativen Prozess gemeinsam die Nutzung und Ausgestaltung der multifunktionalen „Scheune Prädikow” entschieden haben.

Tipp

Dran denken: Haftungsrisiken, klare Absprachen über Zugänglichkeit und Schlüsselbesitz, eventuelle Mietzahlungen oder Betriebskostenbeiträge, Verantwortung für den Raum und ggfs. Mietverträge!

6. "Früher hatten wir hier...": Gastronomie, Café, Kneipe

Erst gehen die Menschen, dann die Kneipen – der Verlust der lokalen Gastwirtschaft ist für viele Dorfbewohner*innen eng verknüpft mit schmerzhaften Veränderungen, zum Beispiel nach der Wende in Ostdeutschland. Zukunftsorte können dazu beitragen, Dörfer wiederzubeleben indem sie neue Angebote und schaffen. Das stärkt die lokale Wirtschaft, spült Geld in die Gemeindekasse und kann langfristig die Attraktivität des Ortes stärken – besonders wenn sie die Angebote untereinander vernetzen und Synergien erzeugen. Der heimatHof Gut Ziegenberg bindet

z.B. sein Gästehaus in das Gesamtkonzept eines Lernorts ein. Zugleich schafft er einen Anlaufpunkt für Tourist*innen, die von den im heimatKontor angebotenen lokalen Produkten profitieren. Das Coconat ist mit seinem Gastbetrieb für Coworker*innen zum Arbeitgeber etlicher Menschen im Umfeld geworden und hat Neugründungen wie ein Café oder Yogaangebot auf dem Gelände ermöglicht. Das Gut Boltenhof ist durch seinen Hotel-, Ferienwohnungs- und Biohof-Betrieb nicht nur Arbeitgeber geworden. Hier entsteht nach und nach ein neuer Wohnort mit dörflichen Strukturen, einer Weideküche und Sommerkino. 

Tipp

Dran denken: Angebote nicht nur auf urbanes Publikum ausrichten, sondern auch Bedarfe und Gewohnheiten der Menschen vor Ort  mitbedenken – Getränkeauswahl, Preise und die Möglichkeit, Geburtstage und andere Feste feiern zu können.

7. Gemeinsam machen: Makerspaces und offene Werkstätten

Gemeinsam etwas Praktisches tun ist oftmals der Schlüssel, um mit den Menschen im Ort in Kontakt zu kommen. Viele Projekte schaffen offene Werkstätten, die dann auch für alle Menschen in der Region zur Verfügung stehen – häufig in Verbindung mit Workshops und Bildungsangeboten. Im Uferwerk Werder gibt es beispielsweise die Klimawerkstatt, im Gut Ziegenberg entsteht eine Tüftler-Werkstatt für analoges und digitales Handwerk. Der Verstehbahnhof Fürstenberg vereint Rechenzentrum und öffentliches Wohnzimmer. Hier werden der selbstbestimmte Umgang mit Technologien vermittelt und (junge) Menschen dazu befähigt, die digitale Gesellschaft nach ihren Vorstellungen mitzugestalten. Die mobile Variante eines Makerspace ist das Fabmobil, ein mit Digitaltechnik und Werkzeugmaschinen ausgestatteter Doppeldeckerbus mit Workshops und Kursen für Kids, Jugendliche und Erwachsene. Ziel des Fabmobils ist es, Creative Technologies wie 3D Druck, Virtual Reality, Robotik und Programmierung in der Region Oberlausitz zu verbreiten.

Tipp

Angebote nicht nur auf urbanes Publikum oder Menschen aus der Medienbranche ausrichten, Kompetenzen der Dorfbewohner*innen wertschätzen und einbeziehen und ihnen die Möglichkeit geben, ihr Wissen zu teilen.

8. Neue Traditionen und Events etablieren: Kunst und Kultur

Viele Zukunftsorte leisten einen aktiven kulturellen Beitrag – nicht zuletzt auch, weil sie den inspirierenden „Raum” dafür bieten. So sind sie Orte für verschiedenste Veranstaltungsformate von Sub- bis Hochkultur wie Konzerte, Theater, Tanz, Lesungen, Festivals oder Kino. Einige, wie der Kunstort Lehnin, sind aber nicht nur Veranstaltungslocation, sondern ein zentraler Ort der Kunst- und Kulturproduktion mit lebendigem Austausch. Das Coconat hingegen initiierte die Fläminger Kreativsause, ein jährliches einwöchiges Kreativ-, Wissens- und Maker-Festival während der Musikbahnhof Annahütte Bands beherbergt und für lokale Konzerte sorgt. Das Kühlhaus Görlitz ist als impulsstarker Kulturort mittlerweile deutschlandweit bekannt.

Tipp

Nicht nur in den großstädtischen oder internationalen Kunstnetzwerken unterwegs sein, sondern auch regionale Künstler*innen und niedrigschwellige Angebote mitdenken.

9. Vergangenheit hat Zukunft: Aufarbeitung und Bewahrung der Geschichte

Zukunftsorte nutzen meist besondere Immobilien – Gutshöfe mit wechselhafter Geschichte, ein Kühlhaus, eine Kaiserliche Postagentur, Bahnhöfe oder Industriebauten. Indem sie diese Orte neu beleben, leisten sie einen Beitrag zu deren Erhalt. Doch es geht noch mehr: Einige Orte kümmern sich ganz besonders um das aktive Aufarbeiten und Bewahren der Geschichte. Ein solches Beispiel ist der Zukunftsort Neuendorf im Sande, bei dem sich der Geschichtsverein „Geschichte hat Zukunft e.V.” für die Reflektion der jüdischen Vergangenheit einsetzt und aktuell an der Darstellung der DDR-Geschichte des Ortes arbeitet. Auch auf Hof Prädikow ist die Geschichte vielen älteren Dorfbewohnern noch präsent. So werden mit dem ehemaligen Brennmeister öfters Führungen für Neugierige organisiert und in einer AG mit dem Dorf die Geschichte des Ortes aufgearbeitet.

Momentan finden regelmäßig Führungen zur Geschichte des Gutshofs statt, außerdem Workshops für Schulen und kulturelle Veranstaltungen, die an die Geschichte erinnern, aber auch ins Heute strahlen.

Geschichte hat Zukunft e.V. / Neuendorf im Sande

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